Die Annahme des Opfers


Die Bitte der Kirche

Während der Heiligen Messe betet die Kirche wiederholt um die Annahme des Opfers durch Gott. Sie begnügt sich nicht nur mit einer Bitte, das sich wiederholende Gebet soll die Inständigkeit ihrer Bitte zum Ausdruck bringen. Die Kirche weiß, daß sie auf die Gnade und den Segen des allmächtigen und barmherzigen Gottes angewiesen ist. Deshalb sendet sie einen flehentlichen Ruf um die Annahme des göttlichen Opfers, das täglich auf ihren Altären gefeiert wird, zum Himmel empor! 

So betet sie bei der Opferung der Hostie, der „heilige Vater, allmächtige ewige Gott“ möge „diese makellose Opfergabe gnädig annehmen“. Ihm wird sie dargebracht für unsere „unzähligen Sünden“, für die der „Lebenden und Verstorbenen“, damit sie uns „zum Heile gereiche für das ewige Leben“. Bei der anschließenden Darbringung des Opferweines wird gebetet, Gott, der „Allgütige“, möge es gestatten, daß dieser „Kelch des Heiles“ zu unserem „Segen“ und „Heil“ „wie lieblicher Wohlgeruch vor das Angesicht Deiner göttlichen Majestät emporsteige“! Zum Zeichen der Demut und der Inbrunst der Bitte verbeugt betet dann der Priester, „unser Opfer“ möge „heute vor Deinem Angesichte Aufnahme finden, auf daß es Dir wohlgefalle, Herr und Gott“! 

Bei einem feierlichen Hochamt findet die Beweihräucherung der Opfergaben und des Altares statt. Dabei spricht der Zelebrant, der Weihrauch möge zu Gott „emporsteigen“ und Gottes „Barmherzigkeit auf uns herabkommen“. Ja, „mein Gebet“ (in diesem Zusammenhang ist eindeutig das Opfergebet, das Gebet um die Annahme des Opfers gemeint) soll „wie Weihrauch vor Dein Angesicht dringen“! Nach dem „Lavabo“ wird diesmal die allerheiligste Dreifaltigkeit in verbeugter Haltung des Oberkörpers noch einmal um die Annahme der Opfergabe flehentlich angegangen, damit diese uns „zum Heile gereiche“. Beim anschließenden „Orate, fratres“ wendet sich der Priester an die Gemeinde, sie möge bitten, daß sein und ihr Opfer „bei Gott wohlgefällig werde“. Auch die Sekret (veränderlicher Teil) als das ursprüngliche Opfergebet der Römischen Liturgie enthält dementsprechend ebenfalls eine Bitte um die Annahme des Opfers. Kurz vor der Wandlung spricht der Priester außerdem noch: „So nimm denn, Herr, wir bitten Dich, diese Opfergabe huldvoll an“.

Besonders eindringlich ist das zweite Gebet nach der Wandlung: „Schaue huldvoll darauf nieder mit gnädigem und mildem Angesichte, wie Du einst mit Wohlgefallen aufgenommen hast die Gaben Abels, Deines gerechten Dieners, das Opfer unseres Patriarchen Abraham, das heilige Opfer und die makellose Gabe, die Dein Hohepriester Melchisedech Dir dargebracht hat“. Wie Gott einst das Opfer des gerechten Abels angenommen, wie Er die Ganzhingabe Abrahams1 unseres Vaters im Glauben, mit göttlichem Segen überhäuft und wie Er in Gnaden auf die Opfergaben (Brot und Wein) des Melchisedech geschaut hat, so soll Gott auch unser Opfer, auf den Altären der Kirche dargebracht, nicht verschmähen! 

Im Anschluß daran wird Gott noch „demütig“ gebeten, Sein „hl. Engel möge dieses Opfer zu Deinem himmlischen Altar empor tragen vor das Angesicht Deiner göttlichen Majestät“. Die tiefe Verneigung des Priesters während dieses eindrucksvollen Gebetes unterstreicht die Eindringlichkeit unserer Bitte!

 

Gott wohlgefällig?

Ja, zahlreich und inständig ist das Gebet der Kirche um die Annahme des Opfers, das auf den Altären dargebracht wird. Können wir aber sicher sein, daß es Gott tatsächlich wohlgefällig ist? Woher wissen wir, daß unser Opfer von Gott angenommen und mit reichen Gnaden bedacht wird? Ja, Christus hat dieses Opfer eingesetzt und dessen Feier angeordnet. Können wir aber trotzdem garantieren, daß Gott sich aufgrund dieses Opfers unser gnädig annimmt und nicht unsere zahlreichen Bitten ins Leere gehen läßt? Einen Rechtsanspruch auf Seine Gnade haben wir nämlich trotz allem nicht. Welcher Umstand kann uns die Annahme des Opfers bestätigen, und ist diese Feststellung überhaupt möglich? 

Um dies beantworten zu können, ist auch die Parallelfrage gestattet, woran denn die Annahme des Kreuzesopfers, des Leidens und Sterbens Jesu Christi auf Golgotha durch Seinen Vater erkennbar ist. Was zeigt uns an, daß Sein Erlösungsopfer Gott wohlgefällig war und somit auch (generell) als die Ursache unseres Heils zu betrachten ist? 

Natürlich hätte es Jesus nicht notwendig gehabt, den Menschen einen Nachweis Seiner göttlichen Herrlichkeit zu erbringen, die Er von Anfang an besaß (vgl. Joh 17,5). Seine Worte allein offenbarten schon genug Seine innere Kraft und Macht (vgl. Mt 7,28f.). Am durchschlagendsten erkennen wir aber die Göttlichkeit Seiner Person und Sendung an Seiner Auferstehung von den Toten! Auch wenn Er - für einen Moment mal theoretisch angenommen - nicht auferstanden wäre, würde Er trotzdem wegen Seiner inneren Überlegenheit als Sieger und als der Lebendige feststehen. Da der Mensch aber ein sinnenfälliges Wesen ist, hat Christus in stärkstem Maße auch in sinnenfälliger Weise Seine Überlegenheit über Sünde und Tod nach außen hin demonstriert - in der Neuschaffung des Lebens durch die Auferstehung von den Toten! 

Gott ist nicht tot - Er lebt! Gott stirbt (im Meßopfer sakral-kultisch in der Opferdarbringung), und in diesem Sterben Gottes entsteht neues Leben, göttliches Leben! Und weil Er das Leben ist, teilt Er auch uns Sein Leben mit. Dieses göttliche Mysterium vollziehen wir während der Liturgie in der Konsekration2 des Leibes und Blutes Jesu Christi. Durch diese Wandlung von Brot und Wein in die heiligen Gestalten unseres Erlösers wird hier ebenfalls das Leben neu erschaffen, es findet gewissermaßen eine Auferstehung und Verklärung Christi statt! Auf dem Höhepunkt des Opferns (Sein Leib wird „hingegeben“ und Sein Blut „vergossen zur Vergebung der Sünden“) wird das Leben neu geboren - welch ergreifendes Geheimnis! Und wie sich die historische Auferstehung des Gottessohnes in aller Stille und Ruhe vollzogen hat, so versinkt auch die ganze anbetende Gemeinde der Gläubigen während der hochheiligen Wandlung der Messe in innere Andacht und Stille. 

Durch die Auferstehung von den Toten hat Gott uns die Wohlgefälligkeit des Erlösungswerkes Seines Sohnes angezeigt. So bestätigt uns die Hl. Wandlung die Annahme des Opfers der Heiligen Messe durch Gott, die Konsekration ist der Garant der Wohlgefälligkeit des Altaropfers bei Gott! Wenn Er während des kultischen Opfers neues Leben, göttliches Leben schafft, dann zeigt Er auch an, daß Ihm dieses Opfer höchst genehm und wohlgefällig ist! Wir brauchen nicht mehr zu grübeln und zu zweifeln, ob das Heilige Meßopfer die erhoffte Wirkung erzielt. Durch eine würdige gläubige Mitfeier der Heiligen Messe (d.h. Mitopfern!) dürfen wir voll Zuversicht auf die Gnade unseres Erlösergottes hoffen und vertrauen! Die flehentliche und aufrichtige Bitte der Kirche um die Annahme ihres Opfers wird von Gott erhört. (Die Art und Weise sowie der Zeitpunkt der Hilfe und des Eingreifens Gottes muß allerdings Seiner göttlichen Vorsehung überlassen werden.) 

 

Schlußfolgerungen

An dieser Stelle erkennen wir auch die enorme Bedeutung und Wichtigkeit des Glaubens an die wirkliche Gegenwart Christi in den konsekrierten Gestalten. Wird Christus in der Heiligen Messe nicht real gegenwärtig gesetzt, ist in der Folge auch das Opfer der Messe hinfällig. Die Liturgie verliert letztendlich ihre göttliche Dimension und wird nur zur Ansammlung von frommen Andachtübungen degradiert! Man kann hier berechtigterweise auf jene gewichtigen Worte des hl. Apostels Paulus verweisen, mit denen er die Bedeutung der Auferstehung Jesu beschreibt: „Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig; dann seid ihr noch in euren Sünden, und auch die in Christus Entschlafenen sind verloren“ (1 Kor 15,17f.). 

Es muß aber noch auf einen anderen wichtigen Punkt hingewiesen werden. In Berücksichtigung des leben-schaffenden Charakters der Heiligen Messe muß gefolgert werden, daß die Kirche durch dieses göttliche Opfer lebt und existiert. Von ihm schöpft sie die nötige Kraft, es ist die Gnadenquelle, die sie am Leben erhält, in ihm vollzieht sie täglich ihre innere Erneuerung, ohne die sie notwendig scheitern muß. Mit anderen Worten: die Kirche steht und fällt mit dem Heiligen Meßopfer! Wenn nun dieser Ast, auf dem die Kirche sitzt, abgesägt wird, dann ist sie notwendigerweise großer Gefahr ausgesetzt. Der hl. Pfarrer von Ars sagte einmal, man nehme den Menschen die Heilige Messe, und in 10 Jahren werden sie die Tiere anbeten. Die Erfahrungen der Kirchengeschichte bestätigen leider diese Einschätzung. Die Götzen der heutigen modernen Welt sind nur etwas anders geartet. 

Wenn nun sich aber die Kirche selbst und freiwillig von dieser Gnadenquelle abtrennen sollte, dann ist sie (oder was als „Kirche“ nach außen erscheint) gänzlich dem Untergang geweiht. Man soll nicht sagen, etwas Ähnliches könne sich nicht ereignen! Was erleben wir denn in der Gegenwart? Die Amtskirche hat das überlieferte katholische Meßopfer vernichtet, indem sie es verboten und an dessen Stelle ein verkorkstes Surrogat - die sog. „neue Messe“ Pauls VI. - gestellt hat. Man muß sich der Dramatik und der katastrophalen Folgen dieser tragischen Vorgehensweise bewußt sein! Schönes Reden ist zwar unter vielen Katholiken populär, weil bequem, es verhindert aber nur das konsequente Aufweisen und Entfernen des Übels! Und darunter kommen dann auch diese Katholiken selbst zu Schaden. Da es bei der Liturgie um alles, ja wirklich um alles geht, muß das Übel an der Wurzel gepackt werden! Anders ist sonst nicht zu helfen. Diese Überlegungen erleichtern uns außerdem auch die Beantwortung der wichtigen Frage, wo und wer in der gegenwärtigen Situation die Katholische Kirche ist! 

Dieser ganze Zusammenhang zwischen Opfer und Konsekration läßt uns ebenfalls erkennen, daß die Konsekration wesensmäßig auf die Kommunion, auf die - wie es dieses Wort selbst schon sagt - Vereinigung mit dem hier aktuell gegenwärtigen Heiland, hinzielt! In der Wandlung findet das Opfer seine Bestätigung und Erfüllung und in der Kommunion seine Bestimmung und letzten Zweck. Daher ist es sicherlich nicht die göttliche Absicht, wenn die Gläubigen (aus Nachlässigkeit oder Bequemlichkeit?) möglichst selten zum hl. Sakrament der Beichte und zum Kommunionempfang gehen. Die Kommuniondekrete des Hl. Papstes Pius X., mit denen er den häufigeren Kommunionempfang3, als es bis dahin üblich war, anregen wollte, haben darin ihren tiefen Grund. 

Je gewissenhafter und intensiver und natürlich auch je häufiger wir also am Opfer und Opfermahl der Heiligen Messe teilnehmen, desto reicher werden wir mit der himmlischen Gnade überschüttet und mit dem göttlichen Leben unseres Heilandes Jesus Christus beschenkt: „Ich bin das Brot des Lebens. ... Wer von diesem Brot ißt, wird leben in Ewigkeit. ... Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und Sein Blut nicht trinket, habt ihr kein Leben in euch. Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und den werde Ich auferwecken am Jüngsten Tag. Denn Mein Fleisch ist eine wahre Speise und Mein Blut ein wahrer Trank. Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm. Wie Mich der lebendige Vater gesandt hat und ich durch den Vater lebe, so wird auch der, der Mich ißt, durch Mich leben“ (Joh 6,48-57)! 

 

P. Eugen Rissling



1 die in der Bereitschaft zum Ausdruck gekommen ist, seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern, dem alle Verheißungen galten! 
2 kommt vom lateinischen Wort „sacer“ - heilig!
3 selbstverständlich nur nach vorheriger würdiger Vorbereitung und Reinigung des Gewissens! Der gedankenlose oder unwürdige Empfang der Hl.Kommunion stellt ein schweres Vergehen an unserem Herrn dar (vgl. 1 Kor 11,27-30)!

 

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