Kurze Meßbetrachtung 

38. Teil

23. Kommunionempfang

Nachdem der Priester das letzte der drei Gebete zur Kommunionvorbereitung beendet hat, erhebt er sich und macht eine Kniebeuge vor der auf dem Korporale liegenden heiligen Hostie und dem sich im Kelch befindenden kostbaren Blut Christi. Danach legt er die beiden Teile der in der Mitte schon vorher gebrochenen Priesterhostie (vor dem Agnus Dei) übereinander, nimmt sie in seine linke Hand, indem er mit derselben Hand auch die Patene hebt, und spricht dabei die folgenden Worte: „Das Himmelsbrot will ich nehmen und anrufen den Namen des Herrn“. Damit ruft er sich erneut den Glauben der katholischen Kirche aller Jahrhunderte ins Bewusstsein, dass nun nicht gewöhnliches Brot in seiner Hand ruht, sondern nicht weniger als der Leib dessen, der von Sich gesagt hat: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit“ (Joh 6,51).

Während der Einleitung zur großen eucharistischen Rede wandten ja die Juden ein: „Welches Zeichen wirkst Du denn, dass wir es sehen und Dir glauben? Was für ein Werk vollbringst Du? Unsere Väter haben in der Wüste das Manna gegessen. Es steht ja geschrieben: ´Brot vom Himmel gab Er ihnen zur Speise´ (Ex 16,34). Da sagte Jesus zu ihnen: ´Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Nicht Moses hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern Mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot Gottes ist der, der vom Himmel herabkommt und der Welt das Leben spendet´“ (Joh 6,30-33).

Somit verblasst jenes Ereignis der wunderbaren Speisung der Israeliten während ihres Durchzugs durch die Wüste vollends vor der wahren Realität, die nun in der hl. Messe, in dieser göttliches Leben vermittelnden Stiftung Jesu Christi, Wirklichkeit wird! Das Abbild hat nun seine schattenhafte Vorläufer-Funktion beendet, es räumt seinen Platz im Heilsplan Gottes und findet seine Erfüllung im neutestamentlichen eucharistischen „Brot vom Himmel“, welches den konsekrierten Leib unseres Herrn Jesus Christus beinhaltet. Und dieses „Panis Angelorum“, diese „Engelspeise“ (Sequenz aus dem Fest Fronleichnam „Lauda, Sion, Salvatorem“) hält nun der Priester in der Hand und schickt sich an, sie zu empfangen!

Der Glaube an das wunderbare Sakrament des Altares erinnert den Priester aber auch an seine eigene Unwürdigkeit. Daher verneigt er nun erneut seinen Oberkörper, schlägt zum Zeichen reumütiger Gesinnung mit der rechten Hand dreimal auf die Brust und spricht jedes Mal ehrfurchtsvoll die folgenden Worte: „O Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach...“. Wie der Hauptmann von Kapharnaum sich nicht für würdig gehalten hatte, dass Jesus in sein Haus eintrat und seinen Knecht heilte, der „gelähmt darnieder liegt und große Qual leidet“ (Mt 8,6), so fühlt sich auch der katholische Christ unwürdig, dass der Herr des Himmels und der Erde in die Kammer seines eigenen Herzens einkehrt und dort Wohnung nimmt. Denn er hat weit mehr zu beklagen als „nur“ eine etwaige Lähmung des Körpers oder sonstige Schmerzen und Gebrechen des menschlichen Leibes. Die nicht zu unterschätzenden und vielfältigen Wunden seiner Seele, die er sich aufgrund eigener Verschuldung hat zufügen lassen, und die „Lähmung“ seines sittlichen Willens sind es, die ihm seine Unwürdigkeit vor Gott bewusst machen! Und mit dem dreimaligen Pochen auf die Brust soll auch und vor allem seine Seele erbeben!

Da es aber „im Himmel größere Freude sein wird über einen einzigen Sünder, der sich bekehrt“ (Lk 15,7), da Christus gekommen ist, gerade die „Sünder zu berufen“ (Mt 9,13), so richtet der Priester seine Augen auf die heilige Hostie zu Dem, der sich dieser Sünder annahm und mit ihnen aß. Im übergroßen Vertrauen auf das mächtige Wort Christi, welches den Winden und den Wellen gebot, welches Tote auferweckte und Sündern verzieh, setzt der Zelebrant sein Gebet fort: „...aber spricht nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“ So erhofft er sich durch das entsprechende Befehlswort Jesu Christi, des Erlösers, dass auch bei ihm die Wellen und Wogen menschlicher Leidenschaft beruhigt und seine Sünden vergeben werden, dass der geistige Leerlauf (endlich!) zum Stillstand kommt und an dessen Stelle immer mehr göttliches Leben entstehen und wachsen kann!


Dann macht der Priester mit der heiligen Hostie in der rechten Hand über sich ein Kreuzzeichen, gleichsam sich selbst segnend, wobei dieses Kreuzzeichen natürlich wiederum auf die Quelle aller sakramentalen Gnaden hinweist, welche ja das erlösende Kreuz Christi ist. Und der Priester betet dabei: „Der Leib unseres Herrn Jesus Christus bewahre meine Seele zum ewigen Leben. Amen“, dessen Unterpfand ja im Sakrament empfangen wird. Danach verbeugt er sich über dem Altar und empfängt mit Ehrfurcht die heilige Hostie, den konsekrierten Leib Christi.

Nun ist der eigentlich wichtigste Augenblick im Leben eines katholischen Christen gekommen! Hier in der heiligen Kommunion neigt sich gewissermaßen der Himmel auf die Erde herab, wird das Menschliche mit Göttlichem umgeben, erfährt das Zeitliche eine beglückende Berührung mit dem Ewigen! Denn der katholische Gläubige empfängt hier nicht irgend eine wichtige Sache oder sogar einen sakralen Gegenstand. Nein, Gott selbst steigt in die Seele und in das Herz des Menschen herab und beglückt ihn mit Seiner heiligen Gegenwart! Es vollzieht sich hier wahrhaftig eine Communio, eine Vereinigung des ewigen und heiligen Gottes mit dem sterblichen und an sich schuldbeladenen Menschen.

Und es ist derselbe Gott, der das ganze Weltall so wunderbar mit Seinem schöpferischen Wort aus nichts erschaffen hat und ständig im Dasein erhält! Es ist derselbe Gott, der in die Natur ihre Gesetze hineingelegt, der Pflanzen, Tieren und Menschen den Lebensodem eingehaucht und Wachstum geschenkt hat! Es ist derselbe Gott, der dem Menschen Seinen Willen kundgetan und das ewige Leben versprochen hat! Es ist derselbe Gott, der aus lauter Erbarmen mit dem armseligen Menschengeschlecht den Fluch der Sünde auf sich genommen, für unsere Sünden am Kreuzesholz gelitten und somit unsere Schuld beglichen hat! Es ist derselbe Gott, der uns täglich mit Seiner reichen Gnade begleitet und uns gelegentlich auch durch Heimsuchungen züchtigt!

Der Priester soll (entsprechend der Rubriken) nach dem Kommunionempfang ein kleines Weilchen in stiller Betrachtung und in persönlichem Gebet vor dem Altar verweilen. Der aufrichtigste Dank und die innigste Anbetung, die hier begonnen werden und wofür es, worauf wir gerade kurz hingewiesen haben, so viel Grund und Anlass gibt, soll dann nicht nur bei der Danksagung nach der hl. Messe, sondern auch im Alltag fortgesetzt und vertieft werden. Der eucharistische Christus im Opfergeschehen der hl. Messe soll der Mittelpunkt unseres (Glaubens)Lebens sein, auf Ihn hin sollen gewissermaßen auch alle unsere Gebete verrichtet werden!
 


Nach diesem kurzen aber hoffentlich intensiven Verweilen in Gebet und Betrachtung deckt der Zelebrant den Kelch ab, macht eine Kniebeuge, sammelt mit der Kelchpatene die kleinen Teilchen vom Korporale auf, die sich etwa von der Hostie abgelöst haben, streift sie in den Kelch und fährt mit dem Psalmwort fort: „Wie könnte ich dem Herrn all das vergelten, was Er an mir getan hat! Den Kelch des Heiles will ich nehmen und anrufen den Namen des Herrn. In frohem Jubel rufe ich zum Herrn, und werde sicher sein vor meinen Feinden“ (Ps 115,3f., 17,4).


Der tiefe Dank, welchen der Priester nach dem Empfang der hl. Hostie empfunden, veranlasst ihn jetzt festzustellen, dass er wohl nie „dem Herrn“ wird entsprechend „vergelten“ können, was er bereits zum jetzigen Zeitpunkt an Wohltaten im Leben erhalten hat. Und vor allem kann der Mensch letztendlich nie genug und nie zu viel danksagen für das außergewöhnliche Gnadengeschenk der hl. Kommunion, mit welcher er ja der irdischen Welt geistig enthoben und gewissermaßen den Engeln gleich gestellt wird!

„Der würdigste Dank ist, die Gnaden zu gebrauchen, die Gott zu unserem Heil gewährt. Darum fährt der Priester fort: ´Den Kelch des Heiles will ich ergreifen.´ (Ps 115,4) Mit diesen Worten nimmt er den Kelch mit dem kostbaren Blut und bekennt durch die begleitende Handlung, dass er dieses Heil vorzüglich durch den würdigen Genuss der heiligsten Eucharistie erwartet, deren Wirkungen er sich durch vertrauensvolles Anrufen des Namens des Herrn in reichstem Maß sichern will. So ist er Tischgenosse geworden an jenem Mahl, das der Herr bereitet gegen alle, die den Priester bedrängen; er fürchtet nicht das Unglück, auch wenn er wandelt in Todesschatten, weil der Herr mit ihm ist (vgl. Ps 22,4f.), und jubelnd spricht er darum: ´Lobpreisend will ich den Herrn anrufen und werde sicher sein vor meinen Feinden´, die meiner Seele Heil bedrohen.“ (Eisenhofer, L., Handbuch der katholischen Liturgik. Freiburg 1933, Band II, S.210.)

Dann gibt er sich mit dem Kelch in Kreuzesform den Segen und betet dabei: „Das Blut unseres Herrn Jesus Christus bewahre meine Seele zum ewigen Leben. Amen.“ Und der darauffolgende Genuss des heiligen Blutes Christi unterstreicht mehr den sühnenden, sündentilgenden Charakter des liturgischen Geschehens der hl. Messe. Durch diese eucharistische Teilhabe am Blute Christi fließt dieses reinigende Erlöserblut gewissermaßen über uns, werden wir damit heilsam, heilswirksam besprengt (vgl. Hebr 9,17-24), entfaltet an uns der „neue und ewige Bund“ seine heiligende Wirkung!

Und wie schon beim Empfang des Leibes Christi so möge auch der Genuss Seines kostbaren Blutes unsere Seele „zum ewigen Leben bewahren“, uns dieses „ewige Leben“ vermitteln. „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und Sein Blut nicht trinket, habt ihr kein Leben in euch. Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, der hat ewiges Leben, und Ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag. [...] Wer Mein Fleisch isst und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm. Wie Mich der lebendige Vater gesandt hat und Ich durch den Vater lebe, so wird auch der, der Mich isst, durch Mich leben. [...] Wer dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit“ (Joh 6,53-58).

Wahrhaftig ruhen wir hier zusammen mit Johannes, dem Lieblingsjünger Jesu, an der Seite Jesu (vgl. Joh 13,23), wodurch innigste Gemeinschaft, Liebe und Verbundenheit zwischen der betreffenden menschlichen Seele und ihrem gütigsten Schöpfer und mildreichsten Erlöser ausgedrückt werden! Es ist der Vorgeschmack auf das himmlische Hochzeitsmahl (vgl. Mt 22,2), zu welchem von Gott nur jene zugelassen werden, die Ihn hier auf Erden aufrichtig suchen und lieben, die bereit sind, Ihn zu ehren und Ihm mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Kräften zu dienen. Und in der Tat gilt hiervon das Wort der Geheimen Offenbarung: „´Die Hochzeit des Lammes ist gekommen, Seine Braut hält sich bereit. Sie dürfen sich in glänzend reines Linnen kleiden.´ Das Linnen bedeutet die gerechten Werke der Heiligen. [...] ´Schreibe: Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind.´“ (Offb 19,7-9) Wir werden somit in gewisser Weise auch zu einem anderen Christoferus, zu einem weiteren Christus-träger!

Wie sehr muss sich also der Mensch auf den Empfang der hl. Kommunion vorbereiten, wie rein und frei von Sünde sollte seine Seele sein, wie dringend notwendig ist dabei im Prinzip das Sakrament der hl. Beichte! Denn wer „unwürdig das Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt, der versündigt sich am Leibe und Blute des Herrn. [...] Denn wer unwürdig isst und trinkt, ohne den Leib des Herrn (von gewöhnlicher Speise - Anm.) zu unterscheiden, der isst und trinkt sich das Gericht“ (Joh 6,27-29). Prüfen auch wir uns also ständig, ob wir reinen und andächtigen Herzens zum (Opfer)Tisch des Herrn gehen, damit wir nicht eventuell unwürdig und sakrilegisch kommunizieren, und uns dies dann zu unserem eigenen Unheil und Verderben gereicht.
 


Und während der Priester nach dem Genuss des Blutes Christi erneut ein Weilchen im stillen Gebet verweilt, beginnen die Altardiener mit dem Confiteor, dem liturgischen Sündenbekenntnis. Wie beim Stufengebet bekennen dabei die Gläubigen ihre eigene Schuld Gott, der Muttergottes, den Heiligen und dem Priester (vgl. „Beiträge“/20, S. 16-18) und erflehen vom Herrgott selbst die Verzeihung und von den Heiligen und dem Priester die Fürsprache am Throne bzw. am Altar Gottes. Diesmal aber gilt dieses Schuldbekenntnis und Gebet der Gläubigen ganz speziell der Vorbereitung auf den eigenen Kommunionempfang.

Und auch diesmal folgt dem das Misereatur und das Indulgentiam des Priesters (unter Drehung zu den Gläubigen), in welchen sein ehrlicher Wunsch nach Erbarmen des allmächtigen Gottes, nach „Nachlass, Vergebung und Verzeihung eurer Sünden“ zum Ausdruck kommt. Nach einer Kniebeuge nimmt der Zelebrant eine (kleine) Hostie in die Hand, dreht sich erneut zur Gemeinde um und spricht: „Sehet das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünden der Welt“. Kurz zuvor beim Agnus Dei sprachen wir ja Christus bereits als „Lamm Gottes“ an („Beiträge“/61, S. 20f.)

Und auch die Gläubigen schlagen daraufhin dreimal auf ihre Brust und wiederholen dabei die Worte, die auch der Priester unmittelbar vor seinem Kommunionempfang gesprochen hatte: „O Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach; aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!“ Nun erfahren auch sie vorne an der Kommunionbank die Communio mit dem einzig wahren und lebendigen Gott im allerheiligsten Altarsakrament! Nach der anschließenden Kniebeuge kehren sie an ihren Platz zurück und geben sich der dankenden Anbetung des eucharistischen Jesus hin.

Und auch wenn das Altarsakrament im Römischen Messritus nur unter der Gestalt des Brotes ausgeteilt wird (aus Gründen des Schutzes vor Verunehrung durch eventuelles Verschütten des Kelchinhaltes), so wird doch den Gläubigen der ganze (lebende!) Jesus gereicht - mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit! Denn Er ist ja sowohl unter der Gestalt des Brotes (Hostie) als auch der des Weines (Sein Blut) gleichermaßen gegenwärtig, da gibt es zwischen den beiden eucharistischen Gestalten nicht den geringsten Unterschied oder eine wie auch immer geartete Einschränkung: „Unter beiderlei Gestalten, die als Zeichen nur hier walten, birgt sich göttliche Substanz. Blut als Trank und Fleisch als Speise: Christus ist auf beide Weise bei uns ungeteilt und ganz. Wer Ihn aufnimmt, bei Ihm weilet, hat Ihn voll und ungeteilet, ungebrochen, unbrechbar“ (Fronleichnamssequenz „Lauda, Sion, Salvatorem“)!


P. Eugen Rissling


 

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