Buße als Reinigung vor Gott


In unserer heutigen westlichen Medienlandschaft lässt sich kaum eine Radiosendung bzw. schriftliche Veröffentlichung in Buch, Zeitung oder Zeitschrift finden, die von den dafür verantwortlichen Personen und Medienstrategen gutgeheißen worden wäre ...und zugleich auch unverfälscht authentisches christliches Gedankengut enthielte. Wenn überhaupt noch Sendezeit bzw. Druckflächen für religiöse Themen zur Verfügung gestellt werden, dann geht die inhaltliche Verzerrung und Verdrehung christlicher Inhalte an dieser Stelle so weit, dass das, was noch „verkündet“ wird, oft genug kaum etwas mit dem von Christus offenbarten katholischen Glauben zu tun hat. 

Dies gilt auch für den Bereich der Buße sowohl als jenes der sieben heiligen Sakramente, durch welches wir die Vergebung vor Gott erlangen können, als auch als der grundsätzlichen religiösen Haltung vor unserem Schöpfer und Erlöser. Es findet in diesem Bereich auch und gerade seitens modernistischer „katholischer“ „Hirten“ und Religionslehrer ein Prozess der Selektion, der eigenmächtigen und willkürlichen Auswahl der einzelnen Glaubensinhalte statt: das, was den betreffenden Herrschaften an der entsprechenden katholischen Lehre gefällt, was ihnen sozusagen zusagt, wird einseitig hervorgehoben und als der (einzige) Inhalt der christlich-kirchlichen Lehre über die Buße präsentiert; was ihnen aber gewissermaßen nicht behagt, was - um konkret zu werden - z.B. nach geistigem Ringen, nach der Mühen und Selbstüberwindung aussieht, wird gegen alle Objektivität vor der Öffentlichkeit lächerlich gemacht und kurzerhand als eine Folge des „dunklen Mittelalters“ diffamiert und somit auch abgelehnt. 

So heißt es ja heute von den modernen Kanzeln nicht selten schlagwortartig, man habe früher von Sünde und Strafe gesprochen, die Kirche vor dem Vatikanum II. habe mit der Verkündigung der bisherigen Lehre über die Buße eigentlich nicht so richtig die göttliche „Liebe“ verstanden, auf die es halt allein ankomme, und die jedem ohne Wenn und Aber vergebe, die jedem verzeihe, ohne dass eine Art Vorleistung seitens des Menschen notwendig und erforderlich wäre. Und erst mit dem glorreichen Konzil habe sich in der Kirche - endlich - das richtige Verständnis für die alle und alles umfassende „Liebe Gottes“ durchgesetzt. 

Um diese Irreführungen als solche zu entlarven, empfiehlt es sich, nach dem grundsätzlichen christlich-katholischen Verständnis der Buße zu fragen. Und hier lohnt sich wie so oft erneut ein Blick auf das praktische Leben, auf die zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn wir zum Beispiel einen Menschen kennen, dem wir entweder als einem allernächsten Familienangehörigen (Eltern, Kinder, Ehegatten, Geschwister) in Liebe zugeneigt sind, oder den wir aufgrund tiefer persönlichen Verbundenheit als einen echten Freund bezeichnen, oder dem wir als einer von uns aufrichtig geschätzten Autoritätsperson (Lehrer, Priester, Arzt) mit Respekt oder vielleicht sogar mit Hochachtung begegnen, dann ist es uns eben nicht egal, ob wir ihm gegenüber richtiges oder falsches Verhalten an den Tag legen. Möchten wir ja dieser Person gerade mit Liebe, Respekt und in Freundschaft begegnen. Und wenn wir das Pech gehabt haben sollten, vielleicht gerade eine solche Person irgendwie verletzt und beleidigt, ihr auf irgendeine Weise Unrecht getan zu haben, dann sind wir ja wie von selbst bestrebt, dieses Unrecht zu beheben und aus der Welt zu schaffen. Denn würden wir nicht diesen inneren Drang in uns verspüren, würden wir ja auch dieser Person keinesfalls nahe stehen bzw. sie lieben, ehren oder auch respektieren. 

Der erste Schritt, den wir dabei tun, ist in der Regel eine wie auch immer verbal oder tatmäßig ausgesprochene Entschuldigung, die sowohl eine Mitteilung über das Eingeständnis des begangenen Unrechts als auch die Bitte um Vergebung und Verzeihung beinhaltet. Es gehört nämlich zum Wesen des Vergebungsprozesses, diese Entschuldigung auszusprechen. Denn ohne sie wäre streng genommen keine Vergebung möglich. Und sollten wir der sittlichen Verpflichtung, sich bei begangenem Unrecht zu entschuldigen, nachgekommen sein, ist trotzdem der ganze Prozess nicht abgeschlossen, ist für uns sozusagen noch nicht alles vorbei. Und zwar nicht etwa wegen der Hartherzigkeit dessen, der um Verzeihung gebeten worden ist, sondern wegen unseres inneren Bedürfnisses, den eigenen guten, ernsten und ehrlichen (Umkehr-)Willen dieser Person gegenüber praktisch-lebensmäßig unter Beweis zu stellen! 

Und dies ist für uns eigentlich ja auch nichts Neues oder künstlich Erdachtes, denn wir drücken dieses Verlangen, die Ernsthaftigkeit der eigenen Vergebungsbitte praktisch zu untermauern, durch verschiedene Aktivitäten aus, ob wir nun über diese Zusammenhänge bewusst nachdenken oder nicht. Entweder schenken wir dabei einer von uns verletzten Person mehr Aufmerksamkeit bzw. widmen ihr mehr Zeit, oder wir machen ihr ein gleichwie geartetes Geschenk bzw. stehen ihr verstärkt hilfsbereit zur Seite usw. Das alles ist Ausdruck der Bemühung, ihr die Echtheit unseres Bedauerns über ihr gegenüber begangenes Unrecht und die Nachhaltigkeit unserer Zuwendung zum Guten zu unterstreichen. 

Und Gott ist wesentlich mehr als sogar ein von uns geliebter Mensch - ER ist der Heilige und Unschuldige schlechthin, auf IHN fällt nicht im Entferntesten ein irgendwie gearteter Schatten von Schlechtigkeit und Sünde! Und wenn es uns denn nur immer bewusst werden würde, wie sehr das von uns begangene Unrecht gegen IHN gerichtet ist, wie sehr unsere Sünden Seine unendliche göttliche Liebe verletzen, die Er uns zuvor völlig uneigennützig erwiesen hat! Sobald und sofern uns dies bewusst wird bzw. bewusst geworden ist, gehen wir ja auch zur hl. Beichte und klagen uns dort selbst unserer sittlichen Vergehen an. Und mögen wir uns daran bisweilen viel zu sehr gewöhnt haben, trotzdem müsste es für jeden gottliebenden Menschen eigentlich unbegreiflich bleiben, dass wir danach auch die Vergebung Gottes erhalten, die uns durch den katholischen Priester im Namen des Dreifaltigen Gottes ausgesprochen wird. Trifft da nicht auf markante Weise das Wort der hl. Schrift zu: „Gott will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe“ (Ez 18, 23)? 

Wenn wir aber dankbaren Herzens der abgrundtiefen Barmherzigkeit Gottes gedenken, müsste es für uns hier ebenfalls wie selbstverständlich sein, die Ernsthaftigkeit unseres Umkehr- und Besserungswillens vor Gott praktisch unter Beweis zu stellen. Und dies können bzw. sollen wir nicht nur durch die Korrektur unseres bisherigen schuldhaften Verhaltens tun, sondern auch durch die Werke der christlichen Buße! 

So möge diese im Sinne Jesu Christi vollzogene Buße Ausdruck jenes inneren Verlangens unserer Seele sein, welches uns veranlasst, nach Möglichkeit wenigstens einen Teil von jenem moralischen Schaden wiedergutzumachen, welchen wir aus eigener Schuld vor Gott durch die Übertretung Seiner heiligen Gebote angerichtet haben. Die Buße möge Ausdruck und Beweis unserer Reue sein, sie soll vor Gott die Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit unseres inneren Seelenschmerzes gewissermaßen anschaulich machen. 

Bezeichnenderweise ist jeder Priester als Beichtvater auch streng verpflichtet, uns in der Beichte im Anschluss an unser Sündenbekenntnis eine sogenannte sakramentale Buße aufzuerlegen, ob sie nun in einem Gebet oder guten Werk bzw. in einer Opferleistung besteht. Mit ihrer Hilfe sollten wir uns eben befleißigen, der von uns durch unsere Sünden verletzten göttlichen Liebe Jesu Christi wenigstens einigermaßen Wiedergutmachung zu leisten und somit auch diese Sünden, wie wir sagen, abzubüßen. Verrichten wir sie also immer gewissenhaft, und zwar nicht als lästige Pflicht, der ich mich aus Zwang unterziehen muss, sondern in der gerade geschilderten Absicht der christlich aufgefassten Buße. Denselben Zweck mögen wir auch durch die Erfüllung aller anderen Bußvorschriften der katholischen Kirche verfolgen, wie sie z.B. gerade im dritten Gebot der Kirche enthalten sind: „Du sollst die gebotenen Fast- und Abstinenztage halten“. Die Einschränkungen, die uns hierin von der Kirche auferlegt werden, sollen ebenfalls begründet sein in der Absicht, durch verhältnismäßig kleine Opfer unser zeitweises Versagen vor Gott in dem Maße auszugleichen, wie es für uns, Menschen, möglich sein sollte. 

Die dieses Jahr Anfang März beginnende Fastenzeit bietet uns wie jedes Jahr erneut eine gute Gelegenheit, durch innere wie äußere Einkehr, durch Werke der Buße und der Nächstenliebe die opferwillige und selbstlose Erlöserliebe Jesu Christi nachzuahmen und uns anzueignen. Durch diese Liebe motiviert, wollen wir Ihm mittels unseres tätigen Glaubens das erstatten, was uns wegen unserer sittlichen Gebrechlichkeit an der Entschlossenheit, Gott über alles zu lieben und Ihm in allem den Vorzug zu geben, noch mangelt, weswegen wir Ihn ja auch betrübt haben. 

Auch sonst gibt es viele Gelegenheiten in unserem Alltagsleben, die sich sozusagen von selbst ergeben (ohne dass wir darum bitten müssen bzw. sollen), oder die wir bisweilen auch selbst finden können (wenn wir nur wollten), und die wir nutzen können, um die Ernsthaftigkeit unserer Umkehr vor Gott und der Liebe zu Ihm unter Beweis zu stellen. Ob es nun irgendeine Unannehmlichkeit oder Widerwärtigkeit ist, ob es sich um erlittenes Unrecht handelt oder um sonstige Empfindung, falsch behandelt worden zu sein, ob es um eine Enttäuschung, Erkrankung oder schwere Sorge, um einen Verlust oder sonstwie gearteten Schicksalsschlag geht - alle diese Gelegenheiten können trotz des negativen Charakters der ihnen zugrunde liegender Ereignisse (weswegen wir sie ja auch nicht gerade mit Jubel aufnehmen) doch auch zum Nutzen für uns und unser Seelenheil gereichen, wenn wir nur dieses Kreuz ohne Murren oder Aufbegehren vor Gott annehmen und es tapfer, geduldig und in den göttlichen Willen ergeben in der Nachfolge Christi, des leidenden unschuldigen Gotteslammes, tragen! 

Somit erkennen wir, dass es bei der christlich verstandenen Buße letztendlich um nichts anderes gehen kann und darf als um die Erstattung, um die lebensmäßige Erwiderung der Liebe Gottes, die uns in Jesus Christus, unserem göttlichen Erlöser, erwiesen wurde! Sie stellt gewissermaßen die Bedingung für ein uneingeschränktes „Ja“ zu Gott dar, sie ermöglicht uns eigentlich erst eine positive Gottesbeziehung. Denn der Mensch macht ja durch seine Bußgesinnung und die daraus resultierenden Bußwerke einen äußerst heilsamen Prozess der inneren Reinigung, der geistigen Entsündigung durch, welcher ihn dann in der Folge in die Lage versetzen wird - je mehr, desto mehr, - Gott im geläuterten Zustand zu lieben und zu ehren. Somit gehört die in diesem authentischen christlichen Sinn verstandene Buße zum integralen Bestandteil des katholischen Glaubens und kann bzw. darf gerade um der Liebe Gottes willen nicht der Willkür der heutigen modernistischen „Neuerer“ zum Opfer fallen! 

 

P. Eugen Rissling

 

 

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