Die Vorgänge in St. Pölten oder die Heuchelei der Medien


1) Seit Sommer 2004 wird in verschiedenen Massenmedien ein ganz bestimmtes kirchliches Thema so richtig breitgetreten: die Verhältnisse im österreichischen offiziell-katholischen Priesterseminar von St. Pölten. Es gibt nicht wenige Berichte und Kommentare dazu, jeder, der nur irgendetwas mit der katholischen Religion zu tun habe, müsse dazu Stellung nehmen, müsse seine Empörung darüber zum Ausdruck bringen. Was ist also dort vorgefallen?

Laut der in der Öffentlichkeit verbreiteten Version sollen in diesem Priesterseminar auf der Festplatte eines Computers um die Tausend Bilder pornographischer und pädophiler Art gefunden worden sein, wobei diese aus dem Internet herunter geladen worden sein sollen. Also handelt es sich dabei um Darstellungen, auf welchen unter anderem minderjährige Kinder in eindeutig sexueller Pose abgebildet seien. Außerdem seien in demselben Priesterseminar Fotos herumgereicht worden, auf welchen einige Lehrer und Studenten derselben Anstalt, alles Theologen, zu sehen seien, wie sie sich gegenseitig umarmten und küssten.

Nun, diese Berichte müssen natürlich auch und gerade bei einem jeden katholischen Christen, der ein gesundes sittliches Empfinden besitzt und dem weder der Glaube noch die Kirche gleichgültig sind, berechtigte Empörung hervorrufen! Sowohl die Unzucht als auch die Pädophilie als auch die (Ausübung der) Homosexualität sind schwer sündhaft und somit ein Gräuel in den Augen Gottes. Nach Röm 1,24ff. stellen diese Perversitäten eine Folge des Verlassens der natürlichen Gotteserkenntnis dar. Umso furchbarer, wenn Kinder hinein verwickelt und wie auch immer sexuell missbraucht werden. Dies ist richtig kriminell und durch nichts zu entschuldigen! Darin sind sich wohl alle Menschen, die einen gesunden Menschenverstand und halbwegs sittliches Empfinden besitzen, einig.

2) Nur wundert es einen schon nicht wenig, dass nun ausgerechnet die modernen liberalen Massenmedien auf den Zug der Moralität aufgestiegen sind und sich als Sittenwächter gebärden. Ohne Zweifel, die Pädophilie, der sexuelle Missbrauch von Kindern, ist in unserer Gesellschaft (und in den Medien) verpönt und wird einheitlich verurteilt und mit Entrüstung zurückgewiesen.

Aber die betreffenden Medien beteiligen sich im vorliegenden Fall bezeichnenderweise auch im Hinblick auf die Sünden der Unzucht und der Homosexualität an der (an sich notwendigen) Schelte der Zustände in St. Pölten! Dies dürfte man doch von diesen Herrschaften keinesfalls erwarten. Denn gerade die Massenmedien (hier vor allem das Fernsehen) propagieren ja seit Jahrzehnten die völlige Freizügigkeit in sexuellen Fragen, man schaue sich da (oder doch lieber nicht!) nur das tabulose Fernsehprogramm an. Auch beteiligen sich diese medialen Instrumente der modernen Meinungsmacher nach wie vor sowohl massiv als auch aggressiv an der Korrosion und Zerstörung der christlichen Werte der ehelichen Treue und der Unauflöslichkeit einer Ehe in den Herzen unserer Zeitgenossen.

Es wird ja sonst kaum eine Gelegenheit ausgelassen, jener kirchlichen Denkweise und katholischen Überzeugung einen heftigen Hieb zu versetzen, wonach ja z.B. sowohl die Unzucht, der vor- und außereheliche Geschlechtsverkehr, als auch der Ehebruch schwer sündhaft und somit für einen katholischen Christen verboten sind. Wie „rückständig“ und „geistig verbogen“ seien ja jene Katholiken, die an diesen Prinzipien der überlieferten katholischen Morallehre festhalten.

Und wie salonfähig macht man zur Zeit die Homosexualität! Nicht nur gibt es keine Kritik mehr daran, nein, es sei inzwischen schon „intolerant“ und komme einer unzulässigen „Verunglimpfung“ Homosexueller gleich, sagt man in der Öffentlichkeit ein Wort gegen die Homosexualität. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Presse, Rundfunk und Fernsehen - alle sind völlig gleichgeschaltet.

Und wie viele „Prügel“ muss sozusagen der Zölibat einstecken, die Verpflichtung des höheren katholischen Klerus zur Ehelosigkeit und Keuschheit! Nicht nur verunglimpft man hier nun wirklich die katholischen Priester wegen ihrer zölibatären Lebensweise als eine Art geistige Krüppel, sondern lobt und verherrlicht geradezu jeden, der seinem Gelübde untreu wird und sich wie auch immer in die Arme einer Frau flüchtet!

Und auf einmal sollen die Zustände im Priesterseminar in St. Pölten in den Augen der modernen Massenmedien auch deshalb unhaltbar sein, weil dort unter anderem auch unzüchtige und homosexuelle Bilder im Umlauf gewesen seien! Wie kann man etwas fördern und propagieren und zur selben Zeit das St. Pöltener Priesterseminar und deren Leitung heftig kritisieren, in welchem ja diese praktischen Aufrufe zur Rebellion gegen die kirchliche Moral und Ordnung von einem Teil der Belegschaft offensichtlich aufgegriffen und umgesetzt worden sind? Anscheinend liegen die Gründe für dieses widersprüchliche Verhalten der modernen Medien ganz wo anders.

3) Und auch tatsächlich klärt sich vieles auf, wenn man mit berücksichtigt, wer der postkonziliare Leiter der Diözese St. Pölten ist, wem demnach auch das dortige offizielle Priesterseminar untersteht. Es ist dies „Bischof“ Kurt Krenn. Bereits als er zum „Bischof“ ernannt wurde, gab es gerade auch seitens der modernen Massenmedien heftige Kritik an dieser Entscheidung. Aber nicht, weil dieser Mann etwa in Leben und Lehre massiv gegen christlich-katholische Moralvorstellungen verstoßen hätte, sondern weil er von den Liberalen in „Kirche“ und Gesellschaft schlicht und ergreifend als „konservativ“ (und eben nicht als „progressiv“ und „fortschrittlich“) eingestuft wurde!

Das bedeutet nicht, dass Kurt Krenn tatsächlich „konservativ“ genug wäre, um alle „Reformen“ des Vatikanums II. und der postkonziliaren Zeit zu durchschauen und abzulehnen. Er anerkennt leider sowohl dieses Konzil als auch seine Lehren und zelebriert natürlich auch den „Novus Ordo Missae“. Nur ist er, um es einmal so zu formulieren, kein wilder Modernist, dem dies alles noch viel zu wenig wäre und der ständig nach weiteren „Neuerungen“ und der vermeintlichen „Erneuerung der Kirche“ Ausschau halten würde. Sicherlich hat er ein Maß an Glaube und Frömmigkeit bewahrt, so dass er wohl auch von vielen seiner Kollegen im österreichischen, deutschen und europäischen Episkopat als viel zu „konservativ“ und „unaufgeschlossen“ betrachtet werde.

Jedenfalls wurden bei ihm im Seminar auch Kandidaten aus anderen (auch nicht-österreichischen) Diözesen aufgenommen, die die kirchlichen Verhältnisse in ihren Heimatbistümern als (zu) modernistisch kritisieren und sich eben deshalb nach St. Pölten wandten, weil sie sich dort mehr Glaubenssubstanz versprachen. Auch fanden bei Kurt Krenn die Auerbacher Schulschwestern aus Bayern ihre Zuflucht, die, weil sie sich in Deutschland geweigert hatten, die moderne sogenannte Sexualaufklärung zu betreiben und somit mitzutragen, nicht weiter als Religionslehrerinnen wirken durften. Und man kann sich schon vorstellen, dass dies alles den entsprechenden „Bischöfen“ und kirchlichen Stellen keinesfalls gefiel, geschweige denn dass es ihre Gutheißung fand.

4) Nun ist Kurt Krenn Ende September von seinem Amt als St. Pöltener Diözesanbischof zurückgetreten. Selbstverständlich trägt jeder Leiter eines Bistums die Verantwortung für den Zustand seiner Diözese und die Verhältnisse in dem betreffende Priesterseminar. Natürlich ist es völlig unhaltbar und Ausdruck eines mangelnden Verantwortungsbewusstseins, manche Ereignisse im Seminar lediglich als „dumme Bubenstreiche“ zu bewerten, wie Krenn es getan haben soll. Dadurch drückt man nur die fehlende persönliche Eignung für ein jegliches vor allem höhere kirchliche Amt aus.

Dennoch erscheint die gegenwärtige Entrüstung der Medien über den „Sexskandal“ in Krenns Verantwortungsbereich als eine große Heuchelei derselben Meinungsmacher der Gegenwart! Wenn sich dieselben Herrschaften auch darüber moralisch aufregen würden, dass sich z.B. nicht wenige der hiesigen „Priester“ kaum an den Zölibat halten, dass die Diözesen diese eindeutig im Konkubinat lebenden und somit auch die Heiligkeit des Ehesakramentes entheiligenden „Geistlichen“ insofern deckt und fördert, dass sie diese nicht nur im „Amt“ halten, sondern ihnen darüber hinaus für bis zu drei ihrer leiblichen Kinder regelmäßig Alimente (aus Kirchensteuergeldern!) überweisen, dann könnte man auf die Aufrichtigkeit dieser Entrüstung schließen. Wenn sich dieselben Medien z.B. auch gegen die Sündhaftigkeit und die vor allem die jungen Menschen verderbende Immoralität des heutigen Fernsehprogramms wenden und dann auch die entsprechenden Filme, Sendungen und Berichte aus ihrem eigenen Programm nehmen würden, dann könnte man ihnen Glauben und Vertrauen schenken.

So aber hat man nur den Eindruck, dass es hier nicht um die Sache selbst und somit um die Frage der christlichen Moral geht, sondern lediglich um die Person von Kurt Krenn, und zwar hauptsächlich, weil er als wie auch immer „konservativ“ gilt! Indem man ihn mit der eigenen Schelte trifft, will man offensichtlich grundsätzlich die gesamte sogenannte Traditionalistenbewegung - ob dort nun mehr oder weniger an der Tradition festgehalten wird - treffen und diskreditieren, d.h. in Verruf bringen!

Bestätigt scheint diese Einschätzung zu werden durch den Umstand, dass in denselben Medien kaum bis überhaupt nicht Erwähnung findet, dass es Kurt Krenn selbst war, der schon vor ungefähr einem Jahr, als er es eben erfuhr, die pädophilen Bilder bei der Polizei zur Anzeige brachte und sich hierin völlig korrekt verhalten hatte. So konnte dann die Polizei erst ermitteln und die dafür verantwortlichen Personen zur Rechenschaft ziehen. Warum wird wohl dieser wichtige Umstand so hartnäckig verschwiegen?

5) Abschließend ist noch einmal zu vermerken, dass Kurt Krenn nicht einmal ein richtiger „Traditionalist“ ist. Aber wenn schon das, was für ihn zu den Glaubensprinzipien gehört, für seine liberalen „Kritiker“ ein richtiger Dorn im Auge ist, so dass man ihn von Anfang an am liebsten „abservieren“ wollte, dann lässt dies erahnen, welche „Glaubenshaltung“ und welche „Überzeugungen“ diese Leute besitzen (oder eben nicht besitzen), und was uns in Zukunft noch so alles erwartet! Es soll wohl der gesamte authentische katholische Glaube in Misskredit gebracht, lächerlich gemacht und dann wohl auch noch sein letzter Rest aus der Mitte des Volkes getilgt werden!

Jedenfalls sticht es in der Zwischenzeit schon so richtig in die Augen, dass immer nur der „alte“ katholische Glaube von den liberaler Medien aufs Korn genommen und schlechtgemacht, dass immer nur die „alte“ katholische Kirche für fast jedes Übel in der Kirchengeschichte verantwortlich gemacht wird. (Luther und der gesamte Protestantismus werden ja in der Regel nur glorifiziert.) Es ist nicht zu übersehen, welche Kräfte hier am Werk sind und was sie letztendlich wollen: „Was toben die Heiden und schmieden die Völker Pläne voll Wahnwitz? Der Erde Herrscher treten zusammen. Die Fürsten halten gemeinsam Rat wider den Herrn und Seinen Gesalbten: ´Ha, lasst ihre Bande uns sprengen! Ihre Fesseln schütteln wir von uns ab!´“ (Ps 2,1-3)

P. Eugen Rissling


 

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