„O Heiland, reiß die Himmel auf!“


„Warum betraten Gottlose Deinen heiligen Berg, zertraten unsere Bedränger Dein Heiligtum? ... Ach, wenn Du doch die Himmel zerrissest und herniederstiegest, dass Berge wankten vor Dir!" (Is. 63,18f.)

Diese jahrtausendealten Worte klingen heute merkwürdig aktuell! Unser Ruf gleicht heute demjenigen des alttestamentlichen Volkes Israel in den Zeiten seiner höchsten Not! Die Kirche Gottes scheint schwach und beinahe überwunden, ja der apostolische Glaube und die apostolische Liturgie scheinen verachtet und die Katholiken uneins zu sein - wer soll und kann da noch helfen als Jesus Christus allein?

Damals wie heute geht es um die entschiedene Umkehr von allen verkehrten Wegen. Damals wie heute genügen nicht einige taktische Manöver, menschliche Organisation oder menschliche „Klugheit", um die Gefahr zu wenden oder gar zu überwinden!

Gott allein kann und wird den Rest Seines heiligen Volkes wieder sammeln und von seinen Feinden befreien (vgl. Is.11,11f.)! Was aber können wir tun? Über vieles können wir selbst gar nicht verfügen, vieles entzieht sich unserer Vollmacht oder unseren Möglichkeiten.

Und doch können wir mit Jesus am Reich Gottes auch heute arbeiten! Das, was wir alle tun können, ist, dass wir selbst der Liebe, der Hoffnung, dem wahren Glauben und dem wahren Gottesdienst treu bleiben! Wenn wir dies tun, so ist dies kein „Heilsegoismus", wie manchmal behauptet wird, sondern grundlegende Voraussetzung für den Aufbau und das Leben der Kirche! Nur so wächst und gedeiht die heilige Kirche im Heiligen Geist!

Der Auftrag Jesu an Seine Jünger lautet nicht: Baut Strukturen, schafft Netzwerke, feilt an der Organisation. Solche Anweisungen und solche Prioritäten finden wir eher bei Sekten, welche die Wahrheit nicht kennen und das Licht und die Macht Gottes mit dem Licht und dem Glanz dieser Welt vertauschen!

Bei Jesus steht etwas ganz anderes im Mittelpunkt: „Suchet zuerst das Reich Gottes und Seine Gerechtigkeit! Dies alles wird euch dazugegeben werden" (Mt.6,33)! Wir sollen unsere Herzen zuallererst ganz auf Gott ausrichten, alles andere will uns der liebe Gott freiwillig dazu schenken!

Gott ist treu. Wir können keinen anderen Grund legen, als den Er selbst gelegt hat! „Mag jeder zusehen, wie er weiterbaut. Denn niemand kann einen anderen Grund legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus" (1Kor.3,11).

Wir vergessen oft, was eigentlich so klar und grundlegend ist: Nicht unsere Klugheit, sondern die Liebe Gottes, nicht unser Ehrgeiz, sondern das Opfer Jesu Christi, nicht unsere Belehrungen, sondern der Heilige Geist lassen das Reich Gottes wachsen und fruchtbar werden.

Deshalb wird die heilige Kirche vor allem im Messopfer und in den Sakramenten auferbaut. Sie sind das Tor zur Liebe und zur Nachfolge Christi! Eine Erneuerung der Kirche im Heiligen Geist und ein Erstarken in ihrer Organisation und in ihrem äußeren Erscheinungsbild kann und wird es dann geben, wenn Jesus wirklich in unserer Mitte und in unseren Herzen ist! Nur in Ihm und durch Ihn können wir die übernatürliche Heiligkeit und Schönheit Seiner Kirche erfahren und erfahrbar machen! Und wie es sich seit den Tagen der Apostel immer gezeigt hat: Alles andere wird dazugegeben werden! War und ist die Fürsorge Gottes für Seine heilige Kirche nicht klar und deutlich einzusehen?

Wenn der Glaube, die Hoffnung, die Liebe und das übernatürliche Leben der Kirche heute so schwer zu erkennen sind, dann liegt das auch an uns! Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir mit der Umkehr beginnen? Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir Jesus um Seine Hilfe für die Not der Kirche anrufen? Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir beim Fundament für den Bau der Kirche beginnen, deren lebendige Steine wir ja sein sollen? „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Tempel aufbauen, zu einem heiligen Priestertum, um geistige Opfer darzubringen, die durch Jesus Christus Gott wohlgefällig sind" (1Petr.2,5)!

Der Advent ist die Zeit der frohen Hoffnung auf die Ankunft des Erlösers! Seine Ankunft wurde von den Gerechten des Alten Bundes ersehnt, Seine Ankunft ist aber auch für uns immer ein Ziel heiliger Hoffnung, bis Er einst wiederkommen wird am Ende der Zeit!

Um in den Gefahren dieser Zeit zu bestehen und um für die Ankunft Christi gerüstet zu sein, brauchen wir ein wachsames und bereites Herz: „Nehmt euch in acht, dass ihr eure Herzen nicht mit Schwelgerei und Trunkenheit und mit irdischen Sorgen beschwert und dass jener Tag nicht unversehens über euch kommt. Denn wie eine Schlinge wird er über alle kommen, die da wohnen auf dem Erdkreis. So seid denn allezeit wachsam und betet, damit ihr imstande seid, all dem zu entgehen, was da kommen soll, und zu bestehen vor dem Menschensohn" (Lk. 21,34-36).

Zeit ist Gnade! Lassen wir uns dieses kostbare Geschenk, das uns gegeben wurde, gute Werke zu tun, nicht stehlen! Auf die vielfältigste Art will uns der Teufel von der Besinnung auf das Wesentliche abbringen: Vergnügungen, Medien, Dauerberieselung, Werbungsflut, übermäßige Beschäftigung mit unwichtigen Dingen. Unterhaltungssucht, Arbeitswut, Einkaufssucht, Gefühlsarmut, geistige und moralische Verwahrlosung u.a. sind die Folgen!

Fast niemand hat mehr Zeit für das allein Wichtige und Wesentliche, für den lieben Gott, für den Mitmenschen, für gute Gedanken und Werke...

Nehmen wir uns wieder die so notwendige Zeit, beginnen wir mit dem allein Wichtigen, hören wir wieder die Stimme des Heiligen Geistes, der uns ruft! Der Advent ist Aufruf und Einladung zur Stille, zur Abkehr von allem, was uns von Gott abhält, zum entschiedenen Kampf gegen alles Unheilige, das sich in unserem eigenen Leben, aber auch im Leben der Kirche immer wieder einzunisten sucht!

Besinnen wir uns auf das, was vor Gott entscheidend ist, und schauen wir dabei voll Vertrauen auf Maria und alle Heiligen! Die Gottesmutter hat sich dem Anruf Gottes vollkommen wie kein anderes Geschöpf geöffnet! Sie allein kann uns die Vollkommenheit der Treue in den kleinen Dingen und in den vielfältigen Fragen unseres Alltags lehren! Öffnen wir unser Herz dem Kommen des Reiches Gottes, von dem Jesus sagt, dass es in uns ist und sein soll (Lk.17,21)! Machen wir unsere Herzen bereit, damit die Liebe Jesu, der uns als armes Menschenkind erschienen ist, uns selbst verwandeln und damit diese Seine Liebe und Heiligkeit auch Seine Kirche wahrhaft erneuern, erleuchten und vollenden kann!


Thomas Ehrenberger


 

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