Kurze kritische Untersuchung des neuen “Ordo Missae“

 Als 1969 der „Novus Ordo Missae“ promulgiert werden sollte, erging an Paul VI. ein Brief, der ihn inständig bat, „uns nicht die Möglichkeit zu nehmen, auch in Zukunft das Missale Romanum des heiligen Pius V. zu verwenden, das sich in seiner unversehrten Gestalt als so fruchtbar erwiesen hat... und von der ganzen katholischen Welt so tief verehrt und geliebt wird.“ Unterzeichnete: die Kardinäle Ottaviani und Bacci.
Eine „Gruppe von Theologen, Liturgiewissenschaftlern und Seelsorgern“ hatte sich zusammengetan, um den „Novus Ordo“ genauer zu untersuchen. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass der „'Novus Ordo Missae' mit seinen neuen, verschieden interpretierbaren Elementen, die darin indirekt oder ausdrücklich deutlich werden, sowohl im Ganzen wie in den Einzelheiten ein auffallendes Abrücken von der katholischen Theologie der heiligen Messe dar(stellt), wie sie in der XXII. Sitzung des Konzils von Trient formuliert wurde.“ Kard. Ottaviani hatte sich bereit erklärt, die Studie zu revidieren und Paul VI. vorzulegen.
Die Studie führt uns zurück zu den Anfängen des katholischen Widerstandes gegen die Änderungen des katholischen Glaubens und der Sakramente der Kirche, die das Zweite Vatikanische Konzil initiierte. Sie zeigt uns, dass schon 1969 katholische Theologen, Seelsorger, Liturgiewissenschaftler und Kardinäle mit Sorge die Folgen des Vatikanum II. erkannten. So hilft uns diese „Untersuchung“, unseren theologischen Standpunkt zu überdenken und zu festigen. Nebenbei gibt sie nützliche Erläuterungen über das traditionelle katholische Verständnis verschiedener Texte der Hl. Messe. Daher möchten wir hier eine Zusammenfassung der Studie bieten.
1) Um die Änderungen der Messe zu rechtfertigen, sagen Vertreter der modernen Kirche oft, diese seien dem besseren Verständnis der Gläubigen zuträglich. Dazu liefert der erste Abschnitt der „Untersuchung“ interessante Gedanken:
„In der Apostolischen Konstitution (‘Missale Romanum’ - mit ihr wurde der Novus Ordo Missae promulgiert) wird bestätigt, dass das alte, durch den heiligen Pius V. am 13. Juli 1570 promulgierte, aber zum großen Teil auf Gregor den Großen und in noch ältere Zeit zurückreichende Missale vier Jahrhunderte lang für die Priester des lateinischen Ritus die Norm für die Feier des Opfers war und dass (...) 'zahllose, sehr heilige Männer ihre Herzensfrömmigkeit gegen Gott durch die aus ihm geschöpften biblischen Lesungen und Gebete reich genährt haben'. Und trotzdem soll die Reform, welche dieses Missale definitiv außer Gebrauch setzt, notwendig geworden sein, 'seit unter dem christlichen Volk die Bemühung um die Pflege der heiligen Liturgie häufiger und stärker zu werden begann'.
In dieser Behauptung wird ein schweres Missverständnis offenbar. Denn wenn jemals ein Verlangen des Volkes sich äußerte, dann in der Zeit, als dieses (...) die echten und ewigen Schätze seiner Liturgie zu entdecken begann. Nie und nimmer hat das Volk zum Zweck des besseren Verständnisses eine veränderte oder verstümmelte Liturgie gefordert. Es verlangte vielmehr nach dem besseren Verständnis einer unveränderlichen Liturgie, von der es nie gewollt hatte, dass sie sich ändere.
Dem römischen Missale des heiligen Pius V. begegnete man mit religiöser Ehrfurcht; es war dem Herzen der Katholiken, Priester wie Laien, überaus teuer. Man sieht nicht ein, inwiefern der Gebrauch dieses Missale bei richtiger Katechese eine stärkere Teilnahme an der heiligen Liturgie und ihre bessere Kenntnis verhindern könnte und warum man es bei dem vielen und hohen Lob, das ihm gezollt wurde, nicht für würdig hält, die liturgische Frömmigkeit des christlichen Volkes auch weiterhin zu nähren. (...)
Eine ins Einzelne gehende Untersuchung des Novus Ordo offenbart Änderungen von solcher Tragweite..., dass er in vielen Punkten die liberalsten Protestanten zufrieden zu stellen vermag.“
2) Einer der Kritikpunkte, die von „traditionalistischer“ Seite gegen den Novus Ordo oft vorgebracht wird, ist, dass er mehr einem Mahl als einem Opfer gleiche. Auch diese Kritik findet sich in der Studie wieder. Sie leitet sie von der Definition der Messe her, die „in §7, zu Anfang des zweiten Kapitels 'De structura Missae' der dem Novus Ordo vorangehenden 'Institution generalis' erscheint“:
„'Das Herrenmahl oder die Messe ist die heilige Zusammenkunft oder die Versammlung des Volkes Gottes, das unter dem Vorsitz eines Priesters zusammenkommt, um das Gedächtnis des Herrn zu feiern. Deshalb gilt von der örtlichen Versammlung der heiligen Kirche in hervorragendem Maß die Verheißung Christi: 'Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, dort bin ich mitten unter ihnen' (Mt. 18, 20).'
Die Definition der Messe ist also auf die des 'Mahles' beschränkt... und dieses 'Mahl' wird charakterisiert durch die Versammlung, der der Priester vorsitzt, und durch das Vollziehen des Gedächtnisses des Herrn, indem man an das erinnert, was er am Gründonnerstag getan hat. Darin ist weder die wirkliche Gegenwart enthalten noch die Wirklichkeit des Opfers noch die Sakramentalität des konsekrierenden Priesters noch der in ihm selbst liegende Wert des eucharistischen Opfers, unabhängig von der Anwesenheit der Versammlung. Mit einem Wort: Keiner von den wesentlichen dogmatischen Werten der Messe, die doch ihre wahre Definition ausmachen, findet sich hier vor. Diese gewollte Auslassung kommt ihrer „Überwindung“ und daher, wenigstens in der Praxis, ihrer Negation gleich.“
Interessant ist auch, dass die oben zitierte Definition der Messe, anstatt von der realen Gegenwart Christi im Altarsakrament zu sprechen, sagt, von dieser Versammlung gelte in hervorragendem Maße seine Verheißung: „Wo zwei oder drei..“. Diese Verheißung betraf aber nur Christi geistige Gegenwart überall in der Welt. Diese wird nun, zwar in etwas stärkerer Intensität, qualitativ aber doch nicht verschieden, auf die hl. Messe angewandt. Daher wird die besondere reale Gegenwart Christi in der hl. Hostie (sowohl mit Gottheit und Menschheit als auch mit Leib und Seele!) auf eine Stufe mit der allgemeinen geistigen Anwesenheit Gottes in der ganzen Welt gestellt, bzw. stellt die Gegenwart Christi in der hl. Messe nur eine etwas intensivere geistige Gegenwart dar, nicht aber eine spezifisch reale. Damit wird eindeutig vermieden, sich auf die reine katholische Lehre festzulegen. Statt dessen wird die Gegenwart Christi auf ein Niveau reduziert, das selbst Protestanten annehmen können.
Sollte sich jemand einmal die Mühe machen, ein Missale des Novus Ordo aufzuschlagen und die „Instructio generalis“ zu lesen, so wird er – zumindest wenn er an eine Ausgabe vom März 1970 oder später gerät – die Definition in der oben zitierten Form nicht finden.
Als Reaktion auf die Kritik der Untersuchung wurde nämlich im März 1970 ein neues Missale veröffentlicht, das zwar den selben Novus Ordo, aber eine neue „Instructio generalis“ enthielt. Das Vorgehen, das zu dieser „neuen Version“ führte, beschrieb P. Chrichton folgendermaßen: „Das Vorgehen ist offensichtlich: neben jeden (von der Untersuchung) kritisierten Ausdruck wurde eine Phrase gesetzt, die man kurz 'tridentinisch' nennen könnte.“
Die neue Definition spricht daher nicht mehr von „Das Herrenmahl oder die Messe“, sondern von „Die Messe oder das Herrenmahl“. Während die alte Version nur von Gedächtnis sprach, fügte die neue hinzu „oder eucharistisches Opfer“.
Man änderte also zwar die Instruktion, den in und aus ihrem Geist entstandenen Novus Ordo aber änderte man nicht. So wie wenn man einen Architekten darauf aufmerksam machte, aus seinen Plänen sei zu ersehen, das von ihm errichtete Gebäude weise bedrohliche Fehler auf, und der Architekt dann lediglich die Fehler im Plan ausstreiche, ohne aber am Gebäude selber etwas zu ändern.
3) Gleicherweise kommt der Zweck des Messopfers in der neuen Messe nicht mehr zum Ausdruck. Der letzte Zweck der Hl. Messe ist, ein “Lobopfer an die Heiligste Dreifaltigkeit (zu sein) gemäß der ausdrücklichen Erklärung Christi, die von der uranfänglichen Absicht seiner Inkarnation spricht: 'Als er in die Welt kam, sprach er: 'Opfer und Gabe hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet.' (Ps. XL, 7-9, in : Hebr. 10,5).
Dieser Zweck ist verschwunden: aus dem Offertorium mit dem Gebet “Suscipe, Sancta Trinitas”, aus dem Schluss der Messe mit dem Gebet “Placeat tibi, Sancta Trinitas” und aus der Präfation, die im Sonntagszyklus nicht mehr die von der Heiligsten Dreifaltigkeit sein wird, welche jetzt dem Fest allein vorbehalten bleibt und daher nur ein einziges Mal im Jahr gebetet werden wird.”
Auch der unmittelbare Zweck, der des Sühnopfers, ist verloren gegangen. Statt “den Akzent auf die Nachlassung der Sünden der Lebenden und der Toten zu legen, legt man ihn auf die Speisung und Heiligung der Anwesenden.” Beim Letzten Abendmahl hatte sich Jesus mit seinen Aposteln nicht allein dazu versammelt, um mit ihnen ein Abendmahl im landläufigen Sinne zu halten. Er feierte vielmehr – wie die anderen Juden auch – das Passahmahl. Dieses war aber nicht primär nur ein Mahl, sondern ein Opfermahl. Das, was verzehrt wurde, das Osterlamm, wurde ja vorher geschlachtet und geopfert. Somit hat Jesus dieses Opfermahl genommen, um sich bei dieser Gelegenheit als wahres Osterlamm “in die Verfassung eines Schlachtopfers (zu) begeben”, damit wir die Möglichkeit haben, uns mit diesem seinem Opfer zu vereinen und dann gemeinsam mit ihm Gott als wohlgefällige Opfergabe aufgeopfert zu werden. Dieses Opfern “geht dem Essen voraus und hat einen vorrangigen und vollen Erlösungswert als Zuwendung der blutigen Opferung”.
Interessant ist weiter, wie die Untersuchung die Gebete kritisiert, die als Gabenbereitungsgebete bezeichnet werden und den Platz der ursprünglichen zwei Opferungsgebete “Suscipe, sancte Pater” und “Offerimus tibi, Domine” einnehmen. Diese sogenannten Gabenbereitungsgebete lauten: “Gepriesen seist du, Herr, Gott des Universums, denn von deiner Freigebigkeit haben wir das Brot (bzw. den Wein) empfangen, das wir dir darbringen als Frucht der Erde (bzw. des Weinstocks) und der Hände der Menschen, woraus uns ein Brot des Lebens (bzw. geistliches Getränk) werden wird.”
“Unter der Erbsünde hätte kein Opfer ein Recht darauf, annehmbar zu sein. Das einzige Opfer, das ein Recht darauf hat, angenommen zu werden, ist das Opfer Christi.” Daher ist es ja so wichtig, wie oben erwähnt, dass wir in der Hl. Messe die Möglichkeit haben, uns mit Christi Opfer zu vereinen und so eine Gott wohlgefällige Opfergabe zu werden. Denn dass wir eine Opfergabe werden, ist insofern von Bedeutung, als wir nur dann in den Bund mit Gott treten können, wenn wir uns Gott ganz hingeben. So muss eben in der Hl. Messe das Kreuzesopfer für uns gegenwärtig gesetzt werden, damit auch wir die Möglichkeit haben, uns Gott als reine Opfergabe zu schenken.
“Im neuen Ordo wird die Darbringung zu einer Art Geschenk-Austausch zwischen Mensch und Gott denaturiert: der Mensch bringt das Brot, und Gott tauscht es in 'Brot des Lebens' um; der Mensch bringt Wein, und Gott tauscht ihn um in 'geistliches Getränk'”.
“Es erübrigt sich, auf die absolute Unbestimmtheit der beiden Formulierungen 'panis vitae' ('Brot des Lebens' – Anm.) und 'potus spiritualis' ('geistliches Getränk' – Anm.) hinzuweisen, die alles Beliebige bedeuten können. Wir finden hier wieder denselben Hauptirrtum wie bei der Definition der Messe: Dort ist Christus nur geistigerweise unter den Seinen gegenwärtig, hier Brot und Wein 'geistig' (und nicht substantiell) verändert.”
Wenn man aber den ursprünglichen Zweck der Hl. Messe in ihren Gebeten nicht mehr lehrt, dann muss man irgendeinen Ersatz schaffen. Man muss der Messe irgendwelche anderen Zwecke geben. “Hierher gehören die Gesten, die die Einheit zwischen Priestern und Gläubigen und zwischen den Gläubigen untereinander unterstreichen sollen, hierher die (sicher bald lächerlich wirkende – keine Anm.!) Art, wie das Opfer für die Armen und für die Kirche gegenüber der Darbringung der zu opfernden Hostie herausgehoben wird. Die uranfängliche Einzigartigkeit dieser Darbringung wird dadurch verwischt sein; aus der Teilnahme an der Opferung des Schlachtopfers wird eine Versammlung von Philantropen und ein Wohltätigkeitsessen werden.”
4) Ein Hinweis auf die Messe als Opfer scheint sich finden zu lassen in dem Sinn, der dem “Eucharistischen Gebet” gegeben wird. Nach dem neuen Ordo besteht der Sinn dieses Gebetes darin, “dass die ganze Versammlung der Gläubigen sich mit Christus vereinige im Bekenntnis der Großtaten Gottes und in der Darbringung des Opfers”.
Aber “um was für ein Opfer handelt es sich dabei? Wer ist der Opfernde? Diese Fragen finden keine Antwort. Die Definition (des eucharistischen Gebetes) (...) ist folgende: 'Jetzt beginnt die Mitte und der Gipfel der ganzen Feier, nämlich das eucharistische Gebet, d.h. das Gebet der Danksagung und der Heiligung'. Die Wirkungen (Heiligung und Danksagung – Anm.) sind also an die Stelle der Ursachen (Opfer – Anm.) gesetzt, und von diesen wird nicht ein einziges Wort gesagt. Der ausdrückliche Hinweis auf den Zweck des Opfers, der im “Suscipe” stand, ist durch nichts ersetzt. Die Änderung der Formulierung offenbart die Änderung der Lehre.”
5) “Die Ursache dafür, dass der Opfergedanke nicht klar zum Ausdruck gebracht wird, liegt in nichts anderem als im Unterdrücken der zentralen Realpräsenz, die in der eucharistischen Liturgie so leuchtend hervortrat. Sie findet eine einzige Erwähnung – übrigens die einzige Zitierung des Konzils von Trient, und diese in einer Anmerkung -, und zwar bezieht sich diese Erwähnung auf die Realpräsenz als Nahrung (...). Auf die wirkliche und dauernde Gegenwart Christi nach Leib, Blut, Seele und Gottheit in den transsustantiierten Gestalten wird nirgends hingewiesen. Sogar das Wort Transsubstantiation wird absolut vermieden. (Vergessen wir nicht, dass das Wort “Transsubstantiation” ein spezifisch katholischer Begriff ist, der von einem Protestanten unter keinen Umständen akzeptiert werden kann – Anm.)
Die Aufhebung der Anrufung der dritten Person in der Heiligsten Dreifaltigkeit (‘Veni sanctificator’), damit sie auf die Opfergaben herabsteige, wie sie einst in den Schoß der Jungfrau herabgestiegen ist, um dort das Wunder der göttlichen Gegenwart zu vollbringen, passt in dieses System schweigender Leugnungen und fortschreitender Abschwächungen der Realpräsenz.”
Auch die Abschaffung “der Kniebeugen (es bleiben nur drei Kniebeugen des Priesters und eine, noch dazu Ausnahmen zulassende, des Volkes bei der Wandlung), der Reinigung der Finger des Priesters im Kelch, der Reinigung der Gefäße, die nicht sogleich und nicht auf dem Korporale zu geschehen braucht (das Korporale ist das weiße Tuch, das der Priester zu Beginn der Messe auf dem Altar ausbreitet, damit evtl. herunterfallende Partikel der konsekrierten Hostie oder Tropfen des konsekrierten Weines aufgefangen werden – Anm.), der Palla (quadratisches weißes Tuch, mit dem der Priester den Kelch abdeckt – Anm.) zum Schutz des Kelches, der inneren Vergoldung der heiligen Gefäße, (...) der drei Altartücher, die auf ein einziges reduziert werden, (...) sämtlicher bisherigen Vorschriften für den Fall, dass die konsekrierte Hostie hinunterfällt; sie sind auf ein fast sarkastisches 'sie möge ehrfürchtig aufgehoben werden' reduziert, ist alles in allem nichts anderes als eine unerhörte Unterstreichung der stillschweigenden Verwerfung des Glaubens an das Dogma der Realpräsenz.”
6) Wir alle wissen, dass im Novus Ordo die Benutzung des Hochaltares der Feier an dem zum Volk gedrehten Tisch weichen musste. Interessant ist, dass in der Einführung zum Novus Ordo Missae der Altar tatsächlich “fast dauernd mensa (‘Tisch’ - Anm.) genannt” wird. So heißt es in Nr. 49, Ziff. 262: “Der Altar oder der Tisch des Herrn, der das Zentrum der ganzen eucharistischen Liturgie ist”. Wir wissen auch, dass schon allein aus praktischen Gründen der Tabernakel nun nicht mehr auf diesem Tisch stehen kann. Christus ist im Tabernakel real gegenwärtig. Aber auch in dem zelebrierenden Priester ist Christus (wenn auch in anderer Weise) gegenwärtig. So spricht die Wandlungsworte zum Beispiel nicht der Priester als Privatperson, sondern er leiht seine Stimme Christus, der sozusagen durch ihn spricht. Diese zwei Gegenwarten Christi, die im Altarssakrament und die im zelebrierenden Priester fiel bisher, als der Priester noch am Hochaltar vor dem Tabernakel zelebrierte, zusammen. Nun sind sie getrennt: Die Trennung von Tabernakel und Altar “wird eine irreparable Zweiteilung bedeuten zwischen der im zelebrierenden Priester vorhandenen Gegenwart des höchsten und ewigen Priesters und derselben, sakramental verwirklichten Gegenwart. Ursprünglich war beides eine einzige Gegenwart.”
Zum Vergleich ein Zitat Pius' XII.: “Den Tabernakel vom Altar trennen bedeutet zwei Dinge zu trennen, die kraft ihrer Natur vereint bleiben müssen”
7) Nach den Wandlungsworten spricht der Priester die Worte: “Tut dies, sooft ihr es tut, zu Meinem Gedächtnis”. Mit diesen Worten sagte Christus nicht, die Apostel sollten irgendetwas tun und dabei an Jesus und an das Mahl mit Ihm denken. Sie sollten dasselbe tun, was Christus getan hat – Christus als Opfer darbringen, den sich opfernden Christus darbringen. Christus forderte sie auf, “sich an das zu erinnern, was er getan hat und wie er es getan hat” - indem sie dasselbe tun wie er.
“Die paulinische Formel, die heute an die Stelle der alten gesetzt ist ('Hoc facite in meam commemorationem' – 'Dieses tut zur Erinnerung an mich') wird, wenn sie so jeden Tag in den Volkssprachen verkündet wird, unausbleiblich im Geist der Zuhörer den Akzent auf das Gedächtnis Christi als das Ziel der eucharistischen Handlung verlegen, während es in Wirklichkeit ihr Anfang ist.”
Die moderne Auffassung der Messe als Gedächtnisfeier wird noch unterstrichen dadurch, dass der die Wandlungsworte enthaltende Abschnitt in der “Institutio generalis” als “narratio institutionis” (“Einsetzungsbericht”) bezeichnet wird. “Die Konsekrationsformeln werden jetzt vom Priester als geschichtliche Erzählung vorgetragen und nicht mehr als Ausdruck eines kategorischen und affirmativen Urteils dessen gesprochen, in dessen Person der Priester handelt: 'Hoc est Corpus meum'.”
Es sei hier kurz darauf hingewiesen, dass den Autoren der Untersuchung noch die lateinische Fassung des Novus Ordo vorlag. Sie waren daher noch nicht Zeugen der falschen Übersetzung der Wandlungsworte in die Landessprachen, in der das „pro multis“ mit „für alle“ wiedergegeben wurde. Daher findet dieser Punkt in ihrer Kritik auch keine Erwähnung, was sonst mit Sicherheit geschehen wäre.
8) Abschließend noch ein Wort zur Stellung des Priesters und des Volkes bzw. zu ihrem Verhältnis zueinander:
“Im neuen Ordo ist die den Gläubigen zugeteilte Stellung autonom (absolut) und somit vollkommen falsch – beginnend mit der einleitenden Definition 'Das Herrenmahl oder die Messe ist die heilige Zusammenkunft oder die Versammlung des Volkes...' bis hin zum Gruß des Priesters an das Volk, durch den der versammelten Gemeinde die 'Gegenwart' des Herrn bekundet werden soll: 'Durch diesen Gruß und die Antwort des Volkes wird das Geheimnis der versammelten Kirche manifestiert'.”
Die Versammlung des Volkes scheint das zu sein, was das Wesen der Hl. Messe ausmacht und sie konstituiert. Daher wird auch so hartnäckig unterschieden zwischen der “Missa cum populo” (“Messe mit Volk”) und der “Missa sine populo” (“Missa sine populo”). Daher auch die Rede von dem “sein Priestertum ausübende(n) Volk”, die das priesterlich Amt des Volkes falsch darstellt, “da seine Unterordnung unter das Amt des Priesters verschwiegen wird”.
Im eucharistischen Gebet III heißt es: “du hörst nicht auf, dir ein Volk zu versammeln, damit von Sonnenaufgang bis Untergang deinem Namen eine Opfergabe dargebracht werde” - “wobei das 'damit' glauben macht, dass das zur Zelebration unentbehrliche Element das Volk sei und nicht der Priester; und nachdem auch hier nicht angegeben ist, wer der Darbringende ist, erscheint das Volk selbst mit autonomen priesterlichen Gewalten bekleidet. Von diesem Passus aus gesehen wäre es nicht zu verwundern, wenn in einiger Zeit das Volk ermächtigt würde, sich im Sprechen der Konsekrationsworte mit dem Priester zu verbinden (was übrigens bereits hier und dort zu geschehen scheint).”
Dementsprechend wird die Stellung des Priesters minimalisiert. Das zeigt sich zum Beispiel im Confiteor, das nunmehr von Priester und Gläubigen gemeinsam gebetet wird. Der Priester ist “nicht mehr Richter, Zeuge und bei Gott für uns Eintretender; es ist deshalb logisch, dass ihm die Erteilung der Absolution nicht mehr zugestanden wird, die auch in der Tat abgeschafft ist. Er ist in die Brüder 'integriert'. Sogar der Ministrant nennt ihn so im Confiteor der 'Missa sine populo'.”
“Kein Wort mehr jetzt über sein (des Priesters – Anm.) Gewalt als Opferpriester, über seinen Wandlungsakt, über die durch ihn verwirklichte eucharistische Gegenwart. Er unterscheidet sich in nichts mehr von einem protestantischen Religionsdiener.”
Der Priester ist “'ein wenig mehr Mensch als die anderen', um die unfreiwillig komische Formulierung eines modernen Predigers zu zitieren.”
9) Insgesamt kann man also im Novus Ordo eine Annäherung an den Protestantismus feststellen. Dies wird von der Untersuchung ganz besonders drastisch an dem zweiten Kanon, der als “Kanon des Hippolytus” vorgestellt wurde, festgestellt: “Über diesen zweiten Kanon wurde unter anderem geschrieben, dass er in voller Gewissensruhe von einem Priester gefeiert werden könne, der weder an die Transsubstantiation noch an den Opfercharakter der Messe mehr glaubt, und dass er sich daher auch bestens für die Feier eines protestantischen Religionsdieners eignen würde.”
Wir hoffen, dass Ihnen mit dieser Zusammenfassung der Kurzen kritischen Untersuchung des neuen Ordo Missae ein neues Steinchen geliefert wurde, das Sie in Ihr Mosaik von der “Liturgiereform” und seinen Folgen einfügen können. Wir hoffen, dass sie Ihnen hilft auf Ihrer Suche nach der Wahrheit und dem wahren katholischen Glauben.
“Es ist offensichtlich, dass der Novus Ordo nicht mehr den Glauben von Trient darstellen will. An diesen Glauben jedoch ist das katholische Gewissen für immer gebunden. Der wahre Katholik sieht sich also durch die Promulgation des neuen Ordo in ein tragisches Dilemma verstrickt.”
Wir möchten Ihnen aber auch empfehlen, die Studie selber in ihrer vollen Länge zu lesen, da eine Zusammenfassung dem Original immer nur bis zu einem gewissen Grad gerecht werden kann. Wenn Sie Interesse an Exemplaren haben, wenden Sie sich bitte an die Redaktion.

P. Johannes Heyne

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