Gedanken zur Gültigkeit der veränderten Wandlungsworte

  Wie Sie wahrscheinlich wissen, gibt es auch in der modernen Kirche konservative Kreise, die sich für die Wiedereinführung der hl. Messe im tridentinischen Ritus eingesetzt haben und sich jetzt, nach dem Erscheinen des Motu Proprio Summorum Pontificum, für ihre Verbreitung einsetzen. Im Rahmen dieser Thematik kommt natürlich auch die Problematik der Gültigkeit der verfälschten Wandlungsworte zur Sprache.
In der Ausgabe vom Januar 2009 erschien in den IK-Nachrichten („Initiative katholischer Laien und Priester“) ein Artikel, den die Redaktion dieser Publikation in der FAZ veröffentlichen ließ. Darin wird die deutsche Bischofskonferenz dazu aufgerufen, endlich der Anordnung „Benedikts XVI.“ zu folgen, in der er im Oktober 2006 die Bischofskonferenzen der einzelnen Länder aufgerufen hatte, innerhalb zweier Jahre die Falschübersetzung der Wandlungsworte in der Muttersprache zu korrigieren. Im gleichen Artikel werden aber die „neuen Wandlungsworte“ als nicht ungültig hingestellt. Nur stellten sie ein Ärgernis und nicht selten eine Fehlinterpretation des Testaments Christi dar.
Da diese Annahme ein weitverbreiteter Irrtum ist und wie gesagt gerade von konservativen Kreisen innerhalb der modernen Kirche vertreten wird, seien hier wieder einmal ein paar Punkte zur Klärung dieser Frage in Erinnerung gerufen. Dazu diene ein Ausschnitt aus einem Leserbrief, den ich anlässlich dieser Veröffentlichung an die Redaktion geschickt habe.
(Vergleichen Sie zu dieser Thematik auch den Artikel „Machen die richtigen Wandlungsworte allein die 'neue Messe' schon gültig?“ in „Beiträge“ (Nr. 75, S. 2-7) oder auf unserer Website!)
Sehr geehrter Herr Norbert Clasen, sehr geehrte Redaktion der IK-Nachrichten,
(...) Mir hat besonders die Darstellung der Bundesblutthematik von Prof. Manfred Hauke gefallen, auf die im Artikel „Christus hat den Menschen nicht mechanisch erlöst“ (erschienen in derselben Ausgabe der IK-Nachrichten – Anm.) Bezug genommen wird. Sehr gut, wie es dort heißt „Beim Letzten Abendmahl Jesu geht es um die Vergegenwärtigung des Neuen Bundes“ und „Die Hingabe Jesu, sein Opfer für alle Menschen, schließt die persönliche Annahme von Seiten des Menschen ein. Die Annahme geschieht nicht automatisch, sondern erfordert die Bereitschaft des freien Willens im Glauben“. Da es sich also beim Blut, das auf den Altären gegenwärtig wird, um Bundesblut handelt, muss dieses Blut näher bestimmt werden mit „für euch und für viele vergossen“. Der Zusatz „für alle“ würde notwendig bedeuten, dass Christi Blut Bundesblut für alle wird, dass also Christus faktisch einen Bund mit allen geschlossen hat – „ob der Mensch dies weiß oder nicht, dies annimmt oder nicht“ („Der Bräutigam ist bei euch!“, Kardinal Woityla, S. 108).
Um zu zeigen, dass diese Worte Woitylas nicht aus dem Kontext zitiert sind, darf ich kurz den Zusammenhang zitieren:
„Nach diesen Worten (Woityla bezieht sich hier auf den Konzilstext Gaudium et Spes - Nr. 10) war die Geburt der Kirche im Moment des messianischen, erlösenden Todes Christi im Grunde auch die Geburt des Menschen, und zwar unabhängig davon, ob der Mensch dies weiß oder nicht, dies annimmt oder nicht. In diesem Moment hat der Mensch eine neue Dimension seines Daseins erhalten, die von Paulus kurz und bündig ‚Sein in Christus’ genannt wird“ (zit. n. Dörmann, Der theologische Weg Johannes Pauls II., Bd. 1, S. 62).
Dass in den Wandlungsworten wirklich nur von den Früchten des Leidens Christi die Rede ist, bestätigt auch der Römische Katechismus des Konzils von Trient (ich verwende hier den im Petrus-Verlag erschienenen):
„Es ist also mit Recht geschehen, dass nicht gesagt wurde 'für alle', da hier (gemeint ist 'bei der Konsekration') bloß von den Früchten des Leidens die Rede war, welches doch nur den Auserwählten die Frucht des Heiles gebracht hat“ (2. Teil, 4. Hauptstück, 24.).
Entschuldigen Sie bitte, dass ich so ausführlich geworden bin. Ich denke, es war notwendig, damit Sie jetzt verstehen, dass ich nicht verstehe, dass Prof. Hauke nach seiner so trefflichen Darlegung des Bundesblutes sagen kann: „Weil nun das Messopfer die sakramentale Zuwendung des Kreuzesopfers an die Menschen ist, ist es auch sinngemäßer, die Betonung auf die Wirksamkeit des eucharistischen Opfers „für viele“ zu legen, als zu einer Deutung zu greifen, die das universale Heilsangebot in den Vordergrund stellt“. Das heißt ja streng genommen, dass auch „für alle“ sinngemäß wäre – wenn auch nur zu einem gewissen Grad.
Diese Auffassung scheinen auch Sie zu vertreten, da Sie in ihrem Artikel auf Seite 1 behaupten: „Zwar wird die hl. Messe dadurch (durch die Verwendung von „für alle“) nicht ungültig, doch stellt die Falschübersetzung ein Ärgernis und nicht selten eine Fehlinterpretation des Testaments Christi dar“ (3. Punkt).
In „Apostolicae Curae“ untersuchte Leo XIII. seinerzeit die Gültigkeit der Weiheriten der Anglikaner. In diesem Zusammenhang stellt er auch heraus, was für die Gültigkeit der Sakramente wesentlich ist. „Wie jeder weiß, sind die Sakramente des Neuen Bundes mit den Sinnen wahrnehmbare Zeichen, die eine unsichtbare Gnade bewirken. Sie müssen die Gnade bedeuten, die sie bewirken, und die Gnade bewirken, die sie bedeuten. Obzwar der ganze wesentliche Ritus, also Materie und Form, diese Bedeutung in sich tragen muss, so ist dieselbe doch vorzugsweise in der Form enthalten: denn die Materie ist der nicht durch sich selbst bestimmte Teil, welcher durch die Form seine Bestimmung erhält“ (zit. n. Übers. von P. Schoonbroodt, ersch. in der Reihe „Freude an der Wahrheit“ - römisch-katholische Schriften Nr. 76, S. 12).
Übertragen auf die Wandlungsworte bedeutet das, dass die Wandlungsworte das bedeuten müssen, was sie bewirken – das Bundesblut. Wie das Zitat aus dem Römischen Katechismus deutlich gemacht hat (und wie auch Sie bzw. Prof. Hauke sagen), wird in der hl. Messe ein Bund mit Gott im Blute Jesu Christi geschlossen. Mit „für alle“ würde aber nicht dieses Bundesblut „bedeutet“, sondern das Angebot Jesu an alle. Somit würde mit „für alle“ nicht das „bedeutet“, was „bewirkt“ wird (werden soll). Somit sind die Wandlungsworte „für alle“ eindeutig ungültig.
Abschließend nur noch folgendes: zugegeben, die Schritte, die Benedikt XVI. in letzter Zeit eingeschlagen hat – ganz besonders das Motu Proprio Summorum Pontificum – lassen aufhorchen. Nach der Rolle aber, die Ratzinger in den Entwicklungen in der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten und namentlich auf dem Vaticanum II gespielt hat, sind, denke ich, weitere Schritte nötig, um sicheres Indiz dafür zu sein, dass Benedikt XVI. wahrhaft katholische Zustände wiederherstellen will. Solange Novus Ordo und die wahre Messe noch gleichrangig nebeneinander stehen (bzw. die wahre Messe nur der außerordentliche Ritus ist), ist das in meinen Augen noch zu wenig. (...)

P. Johannes Heyne


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