Die Aufopferung Christi am Kreuz und unsere Selbsthingabe

Der Geliebte spricht: Ich habe mich am Kreuz mit ausgespannten Armen und entblößtem Leib für deine Sünden Gott dem Vater freiwillig hingegeben, ohne das Geringste mit mir diesem Sühnopfer zu entziehen. So musst auch du dich in der täglichen Messe mir darbringen als reine und heilige Gabe, und zwar freiwillig, mit all deinen Kräften und deiner ganzen Liebe.
Was verlange Ich mehr von dir, als dass du dich mir gänzlich aushändigst? Alles, was du mir außer dir gibst, zählt nicht für mich. Dich suche Ich, nicht deine Gabe.
Wie dir kein Ding genügte, wenn du mich entbehren müsstest, so kann auch mir keine Spende behagen, solange du dich mir vorenthältst. Opfere dich mir auf und verschenke dich ganz an Gott, so wird dein Opfer angenommen.
Siehe, Ich übergab mich deinetwegen völlig meinem Vater, sogar Leib und Blut reichte Ich restlos zur Speise, um ganz dein zu sein und dich für mich zu gewinnen. Verharrst du aber in dir selber, ohne dich meinem Willen zu ergeben, bleibt dein Opfer unvollständig, und die Vereinigung zwischen uns ist lückenhaft.
So hat deine Selbsthingabe an Gott allen Werken vorzugehen, wenn du Freiheit und Gnade erlangen willst. Darum werden so wenige innerlich erleuchtet und frei, weil sie die gänzliche Selbstverleugnung unterlassen. Fest steht mein Wort: „Wer nicht jedem Eigenbesitz entsagt, kann mein Jünger nicht sein.“ Willst du also mein Jünger werden, verschenke dich mir, samt all deinen Neigungen.

Aus: Thomas von Kempen, Nachfolge Christi. Benzinger Verlag 1979 (Nachdruck der Ausgabe von 1953), S. 282f.

 

 

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