Kirchliche Gemeinschaft mit Schismatikern?


Die gegenwärtige Krise, in der die katholische Kirche seit dem sogenannten 2. Vatikanischen Konzil steckt, hat im Lauf der Zeit sämtliche Bereiche des kirchlichen Glaubenslebens erreicht. Es gibt kaum ein Gebiet, auf welchem sich die verderblichen „Reformen“ nicht ausgebreitet hätten, auf welchem alles unversehrt geblieben wäre. In vielen Einzelbereichen der Theologie als Glaubenslehre, der Liturgie und der Pastoral hat eine fundamentale „Neuorientierung“ stattgefunden. Dabei ist festzustellen - was in diesem Zusammenhang unbedingt zu beachten ist -, dass den bisherigen überlieferten Auffassungen und Prinzipien nicht selten entschieden widersprochen wird, wodurch sie auch für jedermann ersichtlich über Bord geworfen werden! 

Somit sind katholische Christen, wollen sie dem wahren katholisch-apostolischen Glauben, dem Glauben ihrer Vorfahren, unbedingt die Treue halten, gezwungen veranlasst, sich auf ebenso vielen Gebieten mit den „neuen“ Idealen auseinanderzusetzen, um die modernistische Lüge um der Wahrheit Christi, des göttlichen Erlösers, willen entlarven zu können. Will sich jemand diese Mühe etwa aus Bequemlichkeit ersparen, läuft er nicht selten Gefahr, in den modernistischen Sog mit hineingezogen zu werden. 

Und will man wissen, welche Position ein Katholik, ob nun Priester oder Laie, in der heutigen Auseinandersetzung um den Glauben bezogen hat, wo er so zu sagen inhaltlich steht, wendet man sich - wegen deren Aktualität - zunächst der Frage zu, ob und in welchem Umfang jemand die modernistische „Liturgiereform“ ablehnt, und wie entschieden er sich damit zum überlieferten Römischen Messritus und den übrigen Sakramentsriten bekennt. Ebenfalls fragt man sich, ob und wiederum in welchem Umfang jemand die häretisch und teilweise sogar apostatisch gewordenen Amtsträger der sogenannten „Konzilskirche“ ablehnt, und wie konsequent er sich damit für die katholische Lehre von der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche ausspricht. Auch darf nicht vergessen werden, dass noch andere Überlegungen angestellt werden müssen, will man die Katholizität, d.h. den kirchlichen Status eines Gläubigen überprüfen bzw. feststellen. Die katholische Kirche hat sich nämlich schon immer nicht nur darauf beschränkt zu fragen, ob jemand die katholische Glaubenslehre und die katholische Liturgie bejaht, damit er als zweifelsfrei katholisch gelten kann. 

Nein, daneben wurde von der Kirche seit jeher noch ein anderes, drittes Kriterium aufgestellt, um den kirchlichen Charakter einer Person oder Gruppe zu untersuchen - die Frage nämlich, ob sich jemand in Einheit mit den rechtmäßigen kirchlichen Autoritäten befindet! Es wurde also nicht nur verlangt, dass die Betreffenden darin mit der katholischen Kirche übereinstimmen, was die geoffenbarten Glaubenswahrheiten und Dogmen angeht, sondern, dass sie sich auch der Jurisdiktion der Kirche unterstellen, ihre von Christus erhaltene Leitungsvollmacht anerkennen, die jeweils aktuellen Päpste und Bischöfe als ihre Hirten akzeptieren (vgl. Mt 16,18-19; 18,18; Joh 21,15-17). 

Wer das nicht tat, galt als schismatisch, abtrünnig, d.h. als losgetrennt von der kirchlichen Gemeinschaft, auch wenn er dabei dogmatisch sonst nicht die geringste Blöße zeigte. Denn er missachtete den Jünger Christi, der von Ihm gesandt wurde, er missachtete die Kirche als eine Stiftung Christi, ja als den fortlebenden Christus, er missachtete schließlich Christus selbst, Der das Haupt dieser Jünger und dieser Kirche ist! 

Entsprechend spiegelt auch das Kirchenrecht (der Codex Iuris Canonici von 1917) diese Lehre der Kirche wider. Darin heißt es zunächst, dass „der Römische Pontifex (=Bischof) ... in der gesamten Kirche die höchste und volle Oberhirtengewalt sowohl in Sachen, die sich auf den Glauben und die Sitten als auch in Dingen, die sich auf die Disziplin und die Lenkung der auf dem ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche beziehen, hat“ (can. 218 § 1). Ferner: „Bischöfe sind die Nachfolger der Apostel, die kraft göttlicher Anordnung den eigenen Teilkirchen vorstehen und sie mit ordentlicher Oberhirtengewalt unter der Autorität des Römischen Pontifex regieren“ (can. 329 § 1). 

Und wer sich schließlich „weigert, sich dem Obersten Hirten (=Papst) zu unterwerfen, oder es ablehnt, Gemeinschaft mit den ihm (dem Papst) untergebenen Gliedern der Kirche zu haben, ist ein Schismatiker“ (can. 1325 § 2)1. Und neben den Abgefallenen (Apostaten) und Irrgläubigen (Häretikern) ziehen sich auch „Schismatiker selbsttätig eintretend (´ipso facto´) die Exkommunikation zu“ (can. 2314 § 1 n.1). 

Wer aber exkommuniziert ist, dem dürfen in der Folge keine Sakramente der Kirche gespendet werden, „auch wenn sie (die Häretiker und Schismatiker) sozusagen gutgläubig irren und die Sakramente erbeten, außer sie sind nach Verwerfung ihrer Irrtümer mit der Kirche versöhnt worden“ (can. 731 § 2). Also unterhält die katholische Kirche keine communicatio in sacris, keine eucharistische und kirchliche Gemeinschaft mit den von ihr aus gewichtigen Gründen ausgeschlossenen und (noch) nicht wiederversöhnten Getauften! Und zwar nicht nur um der Reinheit des Glaubens und der Sitten willen, sondern auch, um die Einzigartigkeit der katholischen Kirche, der Kirche Jesu Christi, zu unterstreichen! 

Warum führen wir dies alles hier an? Was haben diese Ausführungen mit uns zu tun? Gibt es einen aktuellen Bezug zur heutigen Situation der katholischen Kirche? 

Nun, wir stellen fest, dass in der Zeit nach dem Vatikanum II. immer wieder Personen, vor allem Geistliche, auftraten, die ihre Ursprünge bzw. Weihen von eindeutig schismatischen Gemeinschaften ableiten, und sich ohne weiteres (!) für Priester und Bischöfe des heutigen katholischen Widerstandes ausgeben. In der jüngeren Vergangenheit sind ebenfalls Fälle bekannt, in welchen solche Personen trotz ihres schismatischen Hintergrunds und ohne einer vorherigen Aussöhnung mit der Kirche wie selbstverständlich den Anspruch erheben, einwandfrei katholische Geistliche zu sein. Durch den Mangel an katholischen Priestern in sedisvakantistischen Kreisen bedingt, werden sie von einigen Gläubigen leider auch als solche anerkannt, was ihnen unter anderem auch noch den Zugang zu entsprechenden Gemeinden und Kapellen verschafft. 

Wie ist dieses Phänomen zu bewerten? Zunächst sei darauf hingewiesen, dass sich die Vorgänger in der Weihelinie solcher Geistlichen gerade auch im Hinblick auf ihre Weihetätigkeit eindeutig schwerer Vergehen schuldig gemacht hatten. Da „die Spendung der Bischofsweihe dem Römischen Pontifex vorbehalten ist, so dass keinem Bischof erlaubt ist, irgend jemand zum Bischof zu weihen, außer es liegt ein päpstliches Mandat vor“ (can. 953), und da diese schismatischen Bischöfe, die aufgrund ihres Schisma bereits exkommuniziert waren (siehe oben can. 2314 § 1 n.1), dennoch z.B. zu Zeiten der Päpste Pius XI. und Pius XII. teilweise sogar massenweise unerlaubte Weihespendungen vornahmen, verfielen sie zusätzlich auch noch der im can. 2370 angedrohten Strafe: „Sowohl der Bischof, der jemand zum Bischof weiht, als auch die assistierenden Bischöfe ... als auch der, der die Bischofsweihe entgegen der Vorschrift des can. 953 ohne päpstliches Mandat empfängt, werden kraft des Gesetzes des Geistlichen Dienstes enthoben, bis sie der Apostolische Stuhl davon befreit“. 

„Ist der Weihewerber vom Heiligen Stuhl weder zum Bischof ernannt noch ausdrücklich bestätigt, so verfallen Konsekrator und Konsekrierter, auch wenn sie unter schwerer Furcht standen, ohne weiteres dem Kirchenbann, dessen Lossprechung dem Heiligen Stuhl in ganz besonderer Weise vorbehalten ist“ (Mörsdorf K., Lehrbuch des Kirchenrechts. Paderborn 1959, Band III, S. 459; siehe SC Off. vom 09.04.1951: AAS 43 [1951] 217 s.) 

Ebenfalls „ziehen sich die Enthebung des Geistlichen Dienstes, die dem Apostolischen Stuhl vorbehalten ist, selbsttätig eintretend (´ipso facto´) jene zu, die es sich herausnehmen, die Weihen entweder von einem Exkommunizierten oder des Geistlichen Dienstes Enthobenen ... oder von einem notorischen Apostaten, Häretiker, Schismatiker zu empfangen; wer aber im guten Glauben von einem von diesen geweiht wurde, enthalte sich der Ausübung der so empfangene Weihe, bis er davon befreit wird“ (can. 2372). Die canones 2278 und 2279 verbieten jemand, der des Geistlichen Dienstes enthoben wurde, ebenfalls die Ausübung seines unrechtmäßig erworbenen Amtes! Wer es sich also z.B. zu Zeiten der Päpste Pius XI. und Pius XII. herausnahm, ohne päpstliche Erlaubnis eine Bischofsweihe zu spenden oder zu empfangen, wurde des Geistlichen Dienstes enthoben (und seit 1951 auch exkommuniziert). Da die betreffenden Herren in der Regel auch noch eine Art Parallelkirche (eigene Gemeinden und kirchenähnliche Strukturen) errichteten und somit die Hirtengewalt eines rechtmäßigen Papstes und der mit ihm in Verbindung stehender Diözesanbischöfe missachteten, begaben sie sich zusätzlich in ein Schisma und verfielen somit der Strafe der Exkommunikation. 

Und wer sich dann in der Folge von solchen Bischöfen (oder „Bischöfen“, je nachdem, ob ihre Weihen als gültig zu erachten sind oder nicht) eine der Weihen geben ließ, zog sich die suspensio a divinis zu, d.h. er wurde des Geistlichen Dienstes enthoben! Der eventuelle Anschluss an diese Gemeinschaften bewirkte, dass sie darüber hinaus auch noch schismatisch wurden und sich nach den Gesetzen der Kirche somit selbst exkommuniziert haben. Und wie wir oben bereits sahen, darf weder ein suspendierter noch ein exkommunizierter Geistlicher seine in einer Weihe empfangenen Vollmachten ausüben. Auch ist es den katholischen Gläubigen im Normalfall untersagt, die Sakramente von solchen Geistlichen zu empfangen. Denn sonst versündigen sie sich gegen die Kirche als eine Stiftung Christi! 

Somit weisen wir alle in der katholischen Widerstandsbewegung gegen den modernistischen Glaubensabfall auf diese klar definierten kirchlichen Lehren (von der Einheit der Kirche) hin und warnen auch vor derart schismatischen Priestern und Bischöfen! Es kann und darf nicht sein, dass diese wahrheitswidrig als katholisch angesehen und folglich Zugang zu katholischen (sedisvakantistischen) Kapellen und Messzentren erhalten, dass die hl. Sakramente der katholischen Kirche schismatisch-unerlaubt gespendet werden. Wer die angeführten klaren kirchlichen Bestimmungen nicht gelten lassen will, der widerspricht dem katholischen Kirchenverständnis und bastelt sich seinen eigenen Kirchenbegriff zusammen! 

Dies gilt wohlgemerkt unabhängig von der Frage nach der Gültigkeit der Weihen und nach der persönlichen Rechtschaffenheit der betreffenden Geistlichen. (Um nicht vom eigentlichen Thema abzuschweifen, klammern wir die Frage nach der Gültigkeit deren Weihen hier bewusst aus.) Auch wenn davon auszugehen wäre, dass deren Weihen zweifelsfrei gültig wären, würde das nichts daran ändern, dass die betreffende Sakramentenspendung trotzdem eindeutig schismatisch und somit unerlaubt ist, und dass deshalb die Gläubigen davon Abstand nehmen müssen! 

Der Umstand, dass solche schismatischen Geistlichen nicht die „neue Messe“ Pauls VI. akzeptieren, keine der modernistischen Irrlehren vertreten, keinen Scheinpapst anerkennen, keinen Koran küssen usw., ändert ebenfalls nichts daran. Denn ihre Vorgänger in der Weihelinie haben sich - mal angenommen - ebenfalls keiner dieser Vergehen schuldig gemacht und wurden von der Kirche trotzdem nicht als katholisch angesehen! 

Selbstverständlich besteht für die betreffenden Herren grundsätzlich auch die Möglichkeit der Rekonziliation, der Wiederversöhnung mit der katholischen Kirche. Aber diese geschieht keinesfalls irgendwie undefinierbar, etwa lediglich mittels einer Willensbekundung seitens des schismatischen und ernsthaft umkehrwilligen Geistlichen. Nein, sie setzt einen rechtlicher Akt (!) voraus, der auch heute von einer dafür zuständigen kirchlichen Instanz vollzogen werden muss2. Und zwar deshalb, weil sich ja die katholische Kirche auch nach dem Glaubensverrat der Amtskirche in keinem rechtlosen Raum bewegen kann, weil die Geltung kirchlicher Prinzipien keinesfalls durch den Abfall des modernistischen Rom (auch deren „Päpste“) aufgehoben wird! Auch müssen bei dieser Rekonziliation unbedingt bestimmte im Kirchenrecht klar beschriebene Bedingungen erfüllt werden, allem voran die gewissenhafte Prüfung des Umkehrwillens der Betreffenden. Bei konversionswilligen Bischöfen hat die Kirche auch verlangt, dass sie auf die Ausübung ihrer durch die unerlaubte Weihespendung unrechtmäßig erlangten Weihevollmachten verzichten. D.h. sie durften gegebenenfalls höchstens als einfache Priester fungieren, zumal an sie bei ihrer eigenen Bischofsweihe in der Regel keine so hohen Anforderungen gestellt wurden, welchen katholische Bischofskandidaten unterliegen. Es ist ja bekannt, wie schnell in vielen schismatischen Kreisen geweiht wird, wie leicht man dort Bischof werden kann. 

Fälle, in welchen ehemals schismatische Priester nach erfolgter Konversion ihr Priesteramt nicht behalten durften, sind ebenfalls bekannt. Besonders streng ging hierbei die katholische Kirche mit jenen um, die sehr wohl innerhalb der Kirche aufwuchsen, aber dennoch sich die Weihen sozusagen außerhalb, in eben schismatischen Kreisen „holten“. Die Kirche wollte somit klarstellen, dass dieses Fehlverhalten von ihr nicht als eine Lappalie, als ein bloßes Kavaliersdelikt angesehen wird. 
So ist es auch heute zu halten, zumal wir, Gott sei Dank, ernsthafte Bischöfe haben, deren Weihelinien eindeutig innerhalb der katholischen Kirche verliefen und verlaufen. Aber bitten wir Christus, das eigentliche Haupt der Kirche, sowohl für uns selbst um die Gnade der unerschütterlichen Treue zur katholischen Kirche als auch für die Verirrten um die Gnade der Erleuchtung und der Umkehr! 

 

P. Eugen Rissling


1Die auch in diesem Zusammenhang wichtigen Fragen: „Was ist Autorität?“, „Autorität heute“ und „Wo ist Autorität heute?“ haben wir in „Beiträge“/5-8 erörtert (bei der Redaktion auch als Sonderheft erhältlich). 
2Als solche kommen heute wohl die (seriösen) Bischöfe des kirchlichen Widerstandes in Frage (s.a. Anm.1).


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